Kolumne: Hier In Nrw Streit um Anwesenheitspflicht für Studenten

Die rot-grüne Landesregierung hat wieder einmal bürokratische Hürden errichtet. Das neue Hochschulgesetz stiftet Verwirrung bei Studenten und Dozenten: Für welche Veranstaltungen darf noch eine Präsenzpflicht gelten?

Im Landtag kann man immer wieder kuriose Debatten erleben. Wie neulich, als es vor ausgedünnten Sitzreihen um das Thema Anwesenheitspflicht ging. Doch gemeint waren nicht die fehlenden Landtagsabgeordneten, sondern die Studierenden an unseren Hochschulen. Das Ende 2014 von SPD und Grünen verabschiedete "Hochschulzukunftsgesetz" bestimmt nämlich, dass die Zulassung zu einer Prüfung nicht davon abhängig gemacht werden darf, ob der Student an den entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen hat.

Ausnahmen gelten lediglich für Exkursionen, Sprachkurse, Praktika und praktische Übungen. Ansonsten muss die Hochschule die Zulässigkeit der Anwesenheitspflicht, insbesondere deren Verhältnismäßigkeit, für jede einzelne Lehrveranstaltung nachweisen.

Jetzt herrscht große Verunsicherung an den Hochschulen. Selbst die Grünen räumen ein, dass es derzeit auf den Uni-Fluren kaum ein Thema gibt, das die Gemüter mehr erhitzt. Verwirrung stiften dabei auch die Erläuterungen des Wissenschaftsministeriums, wonach für Seminare die Anwesenheitspflicht nicht gilt. Begründung: Seminare dienten "primär der Vermittlung fachlicher Kompetenzen" und eher selten der "Einübung des wissenschaftlichen Diskurses".

Nanu! Soll das etwa heißen, so fragte der CDU-Politiker Stefan Berger im Landtag, dass ein Dozent, der auf Anwesenheit besteht, belegen muss, dass die Studenten bei ihm fachlich nichts lernen? Wissenschaftsministerin Svenja Schulze (SPD) komme es wieder einmal nur darauf an, die Hochschulen zu drangsalieren, höhnte die Opposition, was Rot-Grün natürlich entschieden zurückwies.

"Wer heute noch glaubt, dass Lehre und Forschung rein über Anwesenheit funktioniert, der hat eine ganze Menge von dem verpasst, was an den Hochschulen los ist", konterte auch Svenja Schulze.

Tatsächlich ist die starre Anwesenheitspflicht schon 2009 bundesweit aufgeweicht worden, doch nicht alle Hochschulen in NRW haben das inzwischen umgesetzt. Es gibt Dozenten, die auf Namenslisten bestehen, obwohl für ihre Vorlesungen eigentlich keine Anwesenheitspflicht verhängt werden darf.

Doch ist deswegen diese komplizierte gesetzliche Regelung nötig? Man fühlt sich stark an andere rot-grüne Hürden erinnert, die zu mehr Bürokratie im Alltag führen, wie etwa das Tariftreuegesetz und den Klimaschutzplan.

Wie wäre es also, wenn man den Hochschulen mehr Vertrauen schenken und ihnen grundsätzlich die Entscheidung darüber überlassen würde, wie sie es mit der Präsenzpflicht halten wollen?

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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