Kolumne: Hier In Nrw Unterrichtsausfall oder das Spiel mit der Statistik

Für eine angemessene Planung benötigt das Land zuverlässige Zahlen. Doch die fehlen für den Bildungsbereich an zentralen Stellen. Dabei leben wir doch im Zeitalter der Digitalisierung.

Man darf gespannt sein, welche Zahlen Schulministerin Sylvia Löhrmann uns heute zum Unterrichtsausfall in NRW präsentieren wird. Doch ob es zwei, drei oder gar vier Prozent sind - ermittelt wurde die Quote nach einem Verfahren, das die Grünen-Politikerin seinerzeit (als sie noch in der Opposition saß) als unzuverlässig kritisiert hat. Bei dieser umstrittenen Methode werden 600 zufällig ausgewählte Schulen für einen Zeitraum von zwei Wochen abgefragt. Sämtliche 6000 Schulen einzubeziehen, ist angeblich viel zu teuer. Laut einem Gutachten wären dafür umgerechnet 600 Stellen nötig.

Doch das leuchtet irgendwie nicht ein. Sollte es im Zeitalter der Digitalisierung wirklich kein Computer-Programm geben, mit dem die ausfallenden Stunden unkompliziert erfasst werden können? Natürlich müsste zuvor festgelegt werden, was unter ausgefallenem Unterricht zu verstehen ist. Eine Klassenfahrt gehört wohl nicht dazu, denn das ist Unterricht der anderen Art. Anhand eines Katalogs müsste es den Schulen möglich sein, ohne größeren Zeit- und Personalaufwand das Ausmaß des tatsächlichen Unterrichtsausfalls anzugeben. Das Schulministerium wäre dann nicht mehr auf vage Hochrechnungen oder Schätzungen angewiesen, sondern könnte zielgenauer planen - etwa für eine angemessene Stellenreserve.

Höchst unbefriedigend sind auch die bisherigen Zahlenangaben zu den Studienabbrechern. Hier ist die Schwankungsbreite mindestens ebenso groß wie beim Unterrichtsausfall. Zwar beruft sich NRW auf die Daten des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung, aber die Landespolitiker tappen de facto weitgehend im Dunkeln. Denn als Abbrecher gilt, wer eine Hochschule ohne Abschluss verlässt. Ob der Betreffende in einer anderen Stadt im In- oder Ausland sein Studium fortsetzt und sogar beendet, bleibt unberücksichtigt. Ein Datenabgleich (wir leben noch immer im Zeitalter der Digitalisierung) könnte sofort Klarheit über den Werdegang des Studierenden schaffen. Doch ein solches Vorgehen sei mit dem Datenschutz nicht vereinbar, heißt es.

Man fragt sich, wer hier eigentlich vor wem geschützt werden soll. Der Staat hat die Aufgabe, für Studierwillige ein ausreichendes Angebot vorzuhalten. Dazu benötigt er belastbares Zahlenmaterial. Bekommt er es nicht, muss die Planung lückenhaft bleiben. Das kann nicht im Interesse unserer Studenten sein. Von der Gefahr der Geldverschwendung gar nicht erst zu reden. Deshalb sollten die Wissenschaftspolitiker aller Bundesländer Druck machen, um diesen fragwürdigen Zustand zu beenden. Nötig ist eine Änderung des Datenschutzgesetzes.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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