Kolumne: Hier In Nrw Von echten und aufgebauschten Konflikten

Düsseldorf · Mit einer in dieser Form einmaligen Serie von Interessenkonflikt-Vorwürfen will die Opposition die Regierung diskreditieren. Das ist gefährlich. Das Land kann den Erfahrungsschatz von Quereinsteigern in der Politik gut gebrauchen.

 Unser Autor Thomas Reisener.

Unser Autor Thomas Reisener.

Foto: Ronny Hendrichs

Die Opposition im Landtag hat einen neuen Kampfbegriff : Den "Interessenkonflikt". In den ersten drei Regierungsmonaten von Schwarz-Gelb hat sie fast einem halben Dutzend Regierungsmitgliedern und regierungsnahen Funktionsträgern vorgeworfen, von amtsfernen Interessen abhängig zu sein.

Ein tatsächlicher Konflikt lag beim Ex-Medienminister und gleichzeitigen Verleger Stefan Holthoff-Pförtner (CDU) vor. Dass jemand mit wirtschaftlichen Interessen im Verlagswesen nicht gleichzeitig als Mitglied der Landesregierung für Medien zuständig seinkann, leuchtet ein. Holthoff-Pförtner gab das Aufgabengebiet ab.

Erledigt haben sollten sich hingegen die Vorwürfe gegen Landwirtschaftsministerin Christina Schulze Föcking (CDU), seit die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wegen angeblicher Missstände auf dem Hof der Familie eingestellt hat. Aber die Opposition sieht weiterhin einen Interessenkonflikt: Als konventionelle Landwirtin vertrete die Ministerin Interessen der eher industriellen Landwirtschaft und sei voreingegnommen gegen den konkurrierenden Öko-Landbau.

Ähnlich konstruiert wirkte auch der Vorwurf gegen Justizminister Peter Biesenbach (CDU), der auf Druck der Opposition sein Mandat im oberbergischen Kreistag aufgegeben hat - trotz unklarer Rechtslage. Angeblich kollidiere sein Ministeramt mit den Interessen der Kreispolitik, hieß es, ohne dass sich ein Fallbeispiel dafür zitieren ließ. Schließlich geriet Innenminister Herbert Reul (CDU) ins Visier der Interessenkonflikt-Jäger, weil er im Juli aufgrund von ihm nicht beeinflussbarer Regularien noch eine Diät als Europapolitiker erhielt - die er gespendet hat.

Die Klammer der Beispiele ist keineswegs der Interessenkonflikt, sondern ein Zielkonflikt: Einerseits sollen Politiker so unabhängig wie möglich sein, andererseits aber auch Expertise für ihr Amt mitbringen. Expertise ist jedoch in aller Regel ein Ergebnis von Amts- und Berufserfahrung. Die Hexenjagd auf jegliche berufliche Biografie von Politikern ist doppelt gefährlich: Erstens schreckt sie qualifiziertes Personal von der Übernahme politischer Verantwortung ab. Und zweitens werden die echten Interessenkonflikte, die es auf der politischen Bühne ja durchaus gibt, dadurch relativiert.

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(tor)
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