Kolumne: Hier In Nrw Wer will denn das Land schlechtreden?

Vor fünf Jahren wurde Hannelore Kraft Ministerpräsidentin einer rot-grünen Landesregierung. Die SPD spricht von einer Erfolgsstory, doch das kann man auch etwas anders sehen.

Der Trick ist ebenso beliebt wie durchschaubar. Auch Hannelore Kraft wendet ihn gerne an. Das Land dürfe nicht schlechtgeredet werden, mahnt sie. Dabei weiß sie genau, dass die Kritik der Opposition, die sie in diesen Tagen verstärkt zu hören bekommt, sich nicht gegen das Land, sondern gegen die rot-grüne Politik richtet.

Vor fünf Jahren wurde Kraft Ministerpräsidentin. Angesichts dieses Jubiläums malt SPD-Generalsekretär André Stinka ein rosarotes Erfolgsgemälde. NRW sei Spitze beim Breitbandausbau, sagt er - und überhört dabei geflissentlich das Klagelied mittelständischer Unternehmer aus ländlichen Regionen, in denen das schnelle Internet noch immer auf sich warten lässt.

Gewiss, die Regierungschefin hat eine "digitale Revolution" ausgerufen, doch die landesweite Erfassung des Unterrichtsausfalls ist offenbar nicht geplant. Es könnte sich dabei ja herausstellen, dass an den Schulen mehr Unterricht ausfällt, als die Stichproben ergeben haben. Man werde nicht zulassen, dass die CDU wieder wie 2005 den Unterrichtsausfall zum Wahlkampfthema machen kann, hat eine SPD-Bildungspolitikerin freimütig eingeräumt. Das spricht Bände.

Gar nicht rund läuft es mit der schulischen Inklusion, wie die Klagen von Eltern und Lehrern belegen. Der Städte- und Gemeindebund will jetzt sogar vor dem Verfassungsgericht klagen, weil das Land nicht genug Geld für die Inklusionshelfer gibt, die behinderten Kindern in der Regelschule zur Seite stehen. Das relativiert Krafts Mantra, man wolle "kein Kind zurücklassen".

Grotesk ist die Aussage von Stinka, Rot-Grün habe von der schwarz-gelben Vorgängerregierung "einen Rekord in der Netto-Neuverschuldung" übernommen. Er blendet völlig aus, dass die SPD in 39 Regierungsjahren Kredite ohne Ende aufgenommen hat, für die Zinsen zu zahlen sind. Die Regierung Rüttgers hätte dennoch - dank hoher Steuereinnahmen - einen nahezu ausgeglichenen Etat vorlegen können, wenn es keinen Konjunktureinbruch gegeben hätte. Rot-Grün kann sich seit Jahren sprudelnder Steuereinnahmen erfreuen, doch noch immer macht die Regierung Schulden in Milliardenhöhe.

Von der hohen Arbeitslosigkeit ist in Stinkas Jubel-Arie nichts zu hören. Dass NRW beim Bruttoinlandsprodukt bundesweit an der Spitze liegt, wie der "General" feststellt, ist angesichts der Bevölkerungszahl - mit fast 18 Millionen so viel Menschen wie in den fünf neuen Ländern - nicht verwunderlich.

Das alles darf man wohl sagen, ohne "das Land" schlechtzureden.

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(RP)
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