Kolumne: Hier In NRW Wozu braucht das Ruhrgebiet ein Parlament?

Gremien über Gremien, die für das Ruhrgebiet zuständig sind. Jetzt will Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) auch noch, dass die Bürger das "Ruhrparlament" direkt wählen. Doch wer will das wirklich?

In Nordrhein-Westfalen gab es vor 14 Jahren einen Ministerpräsidenten, der hieß Wolfgang Clement. Er fand, dass es zu viele Behörden im Lande gebe. Vor allem die Mittelinstanz - also der Bereich zwischen Kommunal- und Landesverwaltung - sei "übermöbliert", sagte er und hat noch immer recht.

Nehmen wir das Ruhrgebiet. Es erstreckt sich über drei Regierungsbezirke (Düsseldorf, Münster und Arnsberg) , die jeweils einen Regionalrat für Planungsfragen haben. Im Ruhrgebiet wirken zudem die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen. Und dann gibt es auch noch den Regionalverband Ruhr (RVR) mit dem "Ruhrparlament", das von den Mitgliedskommunen - elf kreisfreie Städte und vier Kreise - beschickt wird.

Viele Gremien wirken also an der Zukunftsgestaltung des Ruhrgebiets mit. Doch bei so vielen Akteuren kann schon mal Sand ins Getriebe kommen. Auch kommunale Eifersüchteleien (fast jeder will ein Theater) erleichtern nicht gerade das Zusammenwirken.

Jetzt will die rot-grüne Landesregierung die institutionelle Vielfalt geradezu adeln: Das RVR-Parlament soll ab 2020 von den Bürgern direkt gewählt werden. Doch wollen sie das wirklich? Man ahnt, dass die Menschen nicht gerade Schlange stehen werden, um ein Gremium zu wählen, über dessen Zuständigkeiten nicht allzu viel bekannt sein dürfte. Vor allem aus Westfalen kommen kritische Töne. Doch man kann es auch positiv sehen und sich von diesem Parlament erhoffen, dass es dem Zuständigkeitswirrwarr ein Ende setzt und vernünftige Leitplanken zur Entwicklung dieser mit fünf Millionen Menschen dicht besiedelten Region einzieht.

Doch dem soeben (indirekt) gewählten RVR-Parlament haftet ein schwerer Makel an: Seine Mitgliederzahl hat sich mit einem Schlag von 71 auf 138 fast verdoppelt. Das ist die Folge des verkorksten Wahlsystems. Weil ein Kandidat einer Splittergruppe in das Ruhrparlament einziehen konnte, musste die Sitzzahl der anderen Parteien massiv aufgestockt werden. Welcher Bürger soll das nachvollziehen? Die Aufblähung des RVR-Parlaments führt dazu, dass der Sitzungssaal in Essen nicht mehr ausreicht. Eine neue Tagungsstätte muss angemietet werden. Außerdem steigen die Aufwandsentschädigungen für die (ehrenamtlich) tätigen Mitglieder. Insgesamt entstehen Mehrkosten von 800 000 Euro pro Jahr.

Das sind schlechte Startvoraussetzungen für eine Direktwahl. Doch Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, selbst unüberhörbar ein Kind des Ruhrgebiets, hat sich das nun einmal in den Kopf gesetzt. Und deshalb wird es - Clement hin oder her - wohl auch so kommen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort