Kolumne: Mit Verlaub! Bayerischer Kreuz-Wahlkampf

Düsseldorf · Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq ist nicht dafür bekannt, ein inniges Verhältnis zum christlichen Glauben und dessen zentralem Symbol, dem Kreuz, zu pflegen. Der Autor des Bestsellers "Unterwerfung" (erschienen 2015 am Tag des islamistisch motivierten Anschlags gegen die Redaktion einer Pariser Zeitschrift) sagt über sich: "Wem es gelingt, mich zu vereinnahmen, ist noch nicht geboren." Der Autor hat dennoch oder gerade deshalb mit dem geschärften Blick des Außenseiters den Zusammenprall der Kulturen und die Änderung der politisch-gesellschaftlich-religiösen Kräfteverhältnisse in seiner Heimat romanhaft verarbeitet. Houellebecqs "Unterwerfung" zu lesen und zugleich den aktuellen Beschluss der bayerischen Staatsregierung, in jeder Behörde ein Kreuz aufhängen zu lassen, als geistlosen Wahlkampf-Blödsinn abzutun, erfordert eine Gelenkigkeit, die ebenfalls viel mit politischen, auch kirchenpolitischen Interessen zu tun hat.

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Foto: Twitter/Markus_Söder

Wir sollten die Kruzifixpflicht als Zeichen gewachsener christlicher Kultur begreifen.

Der französische Schriftsteller Michel Houellebecq ist nicht dafür bekannt, ein inniges Verhältnis zum christlichen Glauben und dessen zentralem Symbol, dem Kreuz, zu pflegen. Der Autor des Bestsellers "Unterwerfung" (erschienen 2015 am Tag des islamistisch motivierten Anschlags gegen die Redaktion einer Pariser Zeitschrift) sagt über sich: "Wem es gelingt, mich zu vereinnahmen, ist noch nicht geboren."

Kolumne: Mit Verlaub!: Bayerischer Kreuz-Wahlkampf
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Der Autor hat dennoch oder gerade deshalb mit dem geschärften Blick des Außenseiters den Zusammenprall der Kulturen und die Änderung der politisch-gesellschaftlich-religiösen Kräfteverhältnisse in seiner Heimat romanhaft verarbeitet. Houellebecqs "Unterwerfung" zu lesen und zugleich den aktuellen Beschluss der bayerischen Staatsregierung, in jeder Behörde ein Kreuz aufhängen zu lassen, als geistlosen Wahlkampf-Blödsinn abzutun, erfordert eine Gelenkigkeit, die ebenfalls viel mit politischen, auch kirchenpolitischen Interessen zu tun hat.

Natürlich hat Markus Söders Kreuz-Zeichen damit zu tun, dass er den Markennamen CSU schärfen möchte, auf dass seine Partei am Wahltag im Herbst ihren Hochsommer erlebt. Ein Politiker, der nicht berechnend agiert, endet als armer Tropf. In Acht nehmen sollten wir uns eher vor den Heuchlern, die derzeit über Söder herfallen und nicht selten so tun, als trügen sie ihr Kreuz allein und ausschließlich zum Wohle von uns allen nach Golgatha.

Von dem wunderbaren Peter Scholl-Latour stammt der Satz, er fürchte weniger die Stärke des Islam als vielmehr die Schwäche des Christentums. Wenn man die Kreuze des Südens in staatlichen bayerischen Räumen als gesellschaftspolitisches Bekenntnis und nicht als Religions-Indoktrination versteht, sind sie bescheidene Lebenszeichen unserer in Jahrhunderten gewachsenen christlichen Kultur.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(mc)
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