Kolumne: Mit Verlaub! Immer feste druff auf die Amerikaner?

Düsseldorf · Eine alte deutsche Mode in neuer Verkleidung: In Zeiten von Trump scheint Antiamerikanismus auch unter Nicht-Links- und Rechtsradikalen zeitgemäß zu sein.

Kolumne: Mit Verlaub!: Immer feste druff auf die Amerikaner?
Foto: Michels

Neulich dieses Pingpong im Café über die Gebäcktheke hinweg: "Haben Sie Amerikaner?", fragte die Kundin. "Nein", antwortete die Verkäuferin, "Amerikaner führen wir nicht, haben uns spezialisiert auf Französisches, Croissants und so." Ein zweiter Kunde schaltete sich ein: "Amerikaner, nein, geht nicht mehr." Die politische Anspielung war angekommen: "Verstehe, wegen Donald", sagte die Verkäuferin. Man schmunzelte. Ich dachte mir: deutsche Dreieinigkeit in harmlosem Antiamerikanismus. Oder?

Was, wenn die Alltagsszene tiefer blicken lässt in die deutsche Seele, wenn also dem Amerikaner, ob in gebackener Form oder in Menschengestalt, in deutschen Landen die Freundschaft gekündigt wird? Ist womöglich der im Auftreten uns so absonderlich vorkommende 45. Präsident der USA nur der gar nicht so unwillkommene Anlass dafür, der politisch und kulturell stärker empfundenen Entfremdung endlich die Trennungstat folgen zu lassen? Schon immer traf sich die deutsche extreme Linke mit germanischen Rechtsaußen in ihrem kollektiven Pfui zu transatlantischer Partnerschaft.

Zu dumm aus linksradikaler Sicht, dass es Amerika zusammen mit Verbündeten war, das uns von der NS-Schreckensherrschaft befreit hat. Deutsche Linksradikale hätten sich lieber nicht vom westlichen Klassenfeind befreien lassen, vielmehr Väterchen Stalin bevorzugt, den Genossen mit der richtigen Weltanschauung. Es gab noch lange nach der Wende unter ostdeutschen Linksradikalen "Stalinisten", welche die unglaublichen Verbrechen ihres Idols ausblendeten und statt dessen lieber unter Absingen der "Internationale" den US-Kapitalismus und -Imperialismus regelmäßig symbolisch zu Grabe trugen.

Rechtsradikale, also nationale Sozialisten, ließen sich da ungern übertreffen in ihrer Abscheu vor dem Mischvolk, das doch tatsächlich den wirtschaftlich und politisch mächtigsten Staat der Erde zustande gebracht hat.

Deutsche Bildungsbürger, politisch und gedanklich meilenweit weg von den fiesen Rändern links und rechts, mäkelten stets gerne vor ihren Bücherwänden über die "Amis" mit ihren seltsam massentauglichen Gebräuchen. Auch für diese Vornehmen (Vornehmtuenden?) ist Donald Trump der fleischgewordene Beleg dafür, dass Anti-Amerikanismus zeitgemäß ist. Dabei ist er politisch, ökonomisch, kulturell so blöde wie fast alle "Ismen". Wie tröstlich, dass ich vor kurzem von einem jüngeren Deutschen nach dessen Urlaub in der Neuen Welt dankbare und frohe Zeilen darüber las. Kritisieren wir Trump, aber bleiben wir deutsche Europäer Amerika freundschaftlich verbunden.

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(mc)
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