Kolumne: Mit Verlaub! Oh, wie schön ist Germany

Düsseldorf · Jetzt in den Ferien kommt wieder die Weisheit "Reisen bildet" in den Sinn. Wer vergleicht, wird Schauspieler Ulrich Matthes recht geben: "Seid froh, dass ihr in Deutschland lebt."

 Kolumnist Reinhold Michels.

Kolumnist Reinhold Michels.

Foto: Michels

Jetzt, wenn Ferienwochen sind und diese wie in jedem Sommer leider besonders fix abschnurren, so als hätten sie es ungleich eiliger als die scheinbar dahinkriechenden Arbeitswochen, ist allerorten Tapetenwechsel gewünscht. "Wohin fahrt ihr?" Jeder Nachbar, jeder Partygast kennt die Frage, die dieser Tage besonders oft gestellt wird. Hätten wir Deutsche, die wir stolz sind auf den Wohlstands-Titel "Reiseweltmeister", die Wahl für ein weiteres Grundrecht, wer weiß, ob wir nicht für das staatlich garantierte Recht zu reisen stimmen würden.

Ach, würde doch der arme Martin Schulz in seiner klappernden Ideenwerkstatt für ein besseres Deutschland jeder Landsfrau und jedem Landsmann ein öffentlich finanziertes Starterpaket für eine Urlaubsreise schnüren - der brave Mann aus Würselen wäre ja in seinem Siegeszug bis zum Wahltag nicht mehr zu bremsen.

Schluss mit der Ironie.

Zurück zum Thema "Ab in den Urlaub": Wenn in Kürze die angeblich schönsten Wochen des Jahres vorüber sind und die Reiselustigen Richtung Heimat aufbrechen, überkommt nicht wenige das sichere Gefühl, dass wir es hier bei uns vergleichsweise gut haben. Neulich meinte eine reiseerfahrene Frau aus dem Freundeskreis im Brustton der Überzeugung: "Mein Gott, wie schön ist Deutschland." Das Auffallende an der Bemerkung war auch, dass niemand widersprach.

Ja, man könnte vermuten, dass wir Deutschen umso unverkrampfter und entschiedener Ja sagen zu unserem Land, je häufiger wir im Ausland Vergleiche anstellen durften. So gewinnt der kluge Spruch, wonach Reisen bilde, eine weitere Bedeutung neben dem Verweis auf Horizont-Erweiterung beim Kennenlernen anderer Länder und Lebensumstände.

Das Schöne an Deutschland sind nicht nur seine unterschiedlichen Regionen zwischen Watzmann und Wattenmeer, Usedom und Unteruhldingen oder seine zahlreichen historischen Innenstädte; auch ein alles in allem geordnetes Staatswesen sowie eine vor Tüchtigkeit strotzende Unternehmer- und Arbeitnehmerschaft machen das Land in Europas Zentrum zu einem Magneten. Und seien wir einmal ehrlich: Sind nicht auch die politisch Verantwortlichen besser, als dies ihr schlechter Ruf an Stamm- und Wohnzimmertischen vermuten lässt?

Der große Bühnenschauspieler Ulrich Matthes warnte vor Kurzem vor der grassierenden Politikerbeschimpfung und sagte: "Seid froh, dass ihr in Deutschland lebt." Wie recht der Mann doch hat.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(mc)
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