Kolumne: Mit Verlaub! Zapfenstreich für Bürgermeister
Es gibt berechtigte Kritik an üppigen Pensionen für ehemalige Stadtchefs. Es gibt aber auch erfreuliche Anlässe, diese Politiker mit feierlichem Lebewohl in den Ruhestand zu verabschieden.
Am Montagabend wird in Kaarst, einer wirtschaftlich-gesellschaftlich vergleichsweise gesunden 40.000-Einwohner-Gemeinde im Rhein-Kreis Neuss, der Bürgermeister öffentlich und in denkbar feierlichem Rahmen verabschiedet. Franz-Josef Moormann, so heißt der Geehrte, nimmt nach 16 Dienstjahren mit einem Großen Zapfenstreich Abschied von seinem Amt und von den Bürgern. Die von den Schützenbruderschaften gestaltete Zeremonie mit ihrer zugleich militärisch-tradionsbehafteten und sentimentalen Note findet auf dem Rathausvorplatz statt - wo sonst wäre der richtige Ort für solch ein feierliches Lebewohl an den scheidenden ersten Bürger?
Natürlich fällt auch der Staats-und Stadtdiener Moormann als Pensionär nicht ins Bergfreie, ein auskömmlicher Ruhestand ist gewährleistet - und niemand scheint das diesem pflichtbewussten Mann von 63 Jahren zu missgönnen.
Das ist nach den zuletzt zahlreichen, zu Recht vorgebrachten kritischen Anmerkungen zu üppigen Versorgungen für ehemalige Stadtoberhäupter in Nordrhein-Westfalen ein erfreuliches Zeichen von Bürgersinn, der nicht durch Fette-Beute-Machen nach Dienstende eingetrübt wird. Das Beispiel Kaarst und Bürgermeister Moormann steht für eine zwar nicht immer reibungsfreie, am Ende aber eine gelungene Liaison.
Da gab es in diesem Jahr aus angrenzenden Metropolen anderes zu berichten und nicht nur vom Steuerzahlerbund zu beklagen. Die Menschen haben sich ein feines Gespür dafür bewahrt, ob ein Bürger- oder Oberbürgermeister sein Steuergeld wert gewesen ist - der 2008 verstorbene, antriebsstarke Düsseldorfer OB Joachim Erwin war ein Musterbeispiel dafür - oder ob jemand erst und vor allem bei den Ruhegeldsverhandlungen putzmunter wirkt. Erwin war ein Ausnahme-Oberbürgermeister, menschlich nicht einfach, aber von immenser Tüchtigkeit, wovon Düsseldorf noch lange zehren wird. Wie sehr sehnt sich das große, alte, seit Jahren bemitleidenswert repräsentierte Köln nach solch einer Führungspersönlichkeit!
Klein- oder Mittelstadt-Bürgermeister wie Franz-Josef Moormann stehen für die vielen außerhalb ihrer Kommunen wenig bekannten Aktivdemokraten, die heimische Traditionen pflegen, die sich ihrer Wurzeln, übrigens auch der christlichen, bewusst sind und die an der Stadtspitze das tun, was man früher gerne "seine verdammte Pflicht und Schuldigkeit" genannt hat. Warum also sollte die Ehrerweisung durch den Großen Zapfenstreich nur scheidenden Bundespräsidenten, Bundeskanzlern und Bundesverteidigungsministern zuteil werden?
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