Kolumne: Politisch Inkorrekt Herr Todenhöfer und wie er die Welt sieht

Jürgen Todenhöfer profiliert sich als schärfster Israel-Ankläger hierzulande. Aber sein berechtigter Aufruf zum Ende der Gewalt wird durch Einseitigkeit und Naivität karikiert. Der Mann nervt.

Ich habe den früheren CDU-Abgeordneten Jürgen Todenhöfer Anfang der 80er Jahre bewundert, als er sich zu den afghanischen Mudschaheddin durchschlug, die einen verzweifelten Abwehrkampf gegen sowjetische Besatzer führten. Seither gibt es kaum noch einen internationalen Großkonflikt, bei dem der frühere Burda-Manager nicht als Gutmensch mitmischt. Und seine Auftritte entwickeln sich zu einem Ärgernis erster Güte.

Zugegeben, es wäre wunderbar, in einer Welt zu leben, in der alle Menschen Brüder sind. Aber diese Welt gibt es nicht, und die Aussichten sind schlecht. Die öffentlichen Einlassungen Todenhöfers zum aktuellen Nahost-Konflikt werfen die Frage auf, ob es Naivität oder Besserwisserei ist, die den Mann antreibt. Oder warum sonst er, der immer aufseiten der Verteidiger stehen wollte, sich zum Lautsprecher der Israel-Feinde macht. Jüngst verbreitete er ein Foto, das ihn in den Trümmern eines bombardierten Gebäudes in Gaza zeigte. Um ihn herum Spielzeugpuppen, die sauber und unversehrt waren, als wären sie kurz vorher in einem Laden gekauft worden. Zwar schreibt er, dass er die Hamas auch nicht gut findet, aber deren tägliche Angriffe auf Israel seien so etwas wie einst der Kampf der Indianer mit Pfeil und Bogen gegen "die weißen Siedler". Besonders grotesk seine Erklärung für das Tunnelsystem zwischen Gaza und Israel: Die "Menschen von Gaza" hätten diese gegraben, um "manchmal für ein paar Tage (...) Freiheit zu schnuppern". Gerade so, als würden dort nicht Terroristen Waffen lagern und Anschläge auf Israel starten, sondern palästinensische Familien hin und wieder zu Shopping und Kinobesuch nach Tel Aviv schlendern.

Es stimmt, die israelischen Angriffe werden mit großer Härte geführt. Aber wir sollten nicht Ursache und Wirkung verwechseln. Es ist Israel, das seit Jahren an jedem Tag mit Hamas-Raketen beschossen wird. Es waren drei israelische Jugendliche, die getötet wurden, bevor all das begann, was wir jeden Abend im Fernsehen sehen und betrauern müssen. Doch das sagt Todenhöfer nicht, wenn er vom "Recht der Palästinenser auf Selbstverteidigung" spricht.

Ich mag friedfertige Menschen. Aber ich würde mir mehr Wahrhaftigkeit wünschen. Todenhöfers jüngste Mahnung, der Hamas mit "gezielten Polizeieinsätzen statt einem Feldzug" beizukommen, klingt wie Hohn. Als könnte man Hauptwachtmeister Krause mit einem Haftbefehl losschicken, um ein paar Tausend Terroristen zu verhaften.

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(RP)
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