Politisch Inkorrekt Im Land der Kuschler und Frauen-Versteher

In Dax-Vorständen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert. Aber an der Gender-Front hat sich etwas getan. Die "echten Männer" sterben aus.

Die Redaktion einer Fernseh-Talkshow ruft an. Die Kollegen sind auf der Suche nach einem "echten Mann", einem Macho, der einen weichen Kern und eine raue Schale hat. Der Frauen hinterherpfeift und keinen Zweifel daran lässt, zum sogenannten starken Geschlecht zu gehören. Und prominent sollte er sein. Ob wir eine Idee haben. Dieter Bohlen wäre toll, ist aber beim falschen Sender. Lothar Matthäus hätte man genommen, aber andere Talkgäste wollen nicht mit ihm diskutieren. Heiner Lauterbach? Früher vielleicht, jetzt verheiratet und zu soft. Rolf Eden? Oh, bitte! Til Schweiger? Ja, den könnte man versuchen.

Ich habe auch keine weitere Idee. Bohlen, Matthäus, Lauterbach — haben wir in Deutschland wirklich sonst keinen, der zu dieser aussterbenden Spezies gehört? Und was ist das überhaupt, ein "echter Mann"? "Männer baggern wie blöde, können alles und kriegen einen Herzinfarkt", so ähnlich hatte Herbert Grönemeyer das einst besungen. Naja . . .

Die Gender-IdeologInnen haben ganze Arbeit geleistet. Der Mann von heute hat Verständnis und kann gut zuhören. Er wechselt Windeln, mag lieber kuscheln als Sex und findet pinkfarbene Hemden schick. In der TV-Werbung sehen wir ihn Kekse backen mit den Kindern, die Bausparverträge handelt seine kluge Frau aus, und für seine sensible Haut gibt es Nivea for Men. Frauen-Fußball hält er für eine echte Sportart, kämpferisch und technisch auf höchstem Niveau, nicht dieses aggressive Gebolze wie bei den . . . ja, Männern.

Klingt alles lustig, ist es aber nicht. Wissenschaftler weisen schon seit Längerem darauf hin, dass unsere Gesellschaft ein Problem hat — mit den jungen Männern. Jungs sind in der Schule Problemkinder, sie bleiben häufiger sitzen, sie brechen häufiger die Schule ab, sind häufiger hyperaktiv und werden mit Ritalin ruhiggestellt, werden oft straffällig. Alles wissenschaftlich belegt. In Kindergärten und Grundschulen treffen sie kaum auf Männer als Erzieher und Lehrer. Jungs brauchen mehr männliche Vorbilder für ihre Entwicklung, sagt das Bundesfamilienministerium. Gleichzeitig fördert dieser Staat unzählige Gender-Initiativen, um ihnen das klassisch Männliche auszutreiben. Ein Paradoxon.

Heute gibt es 1900 hauptamtliche kommunale Frauenbeauftragte, die man nun Gleichstellungsbeauftragte nennt, was sie aber genau genommen nicht sind. Es gibt mehr als 100 Lehrstühle für Frauen- und Genderforschung. Um den Problemfall Mann kümmert sich keiner. Nur beim Bundesfamilienministerium gibt es das Referat 415 für Jungen und Männer — geleitet von einer Frau.

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(RP)
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