Kolumne: Total Digital Dieser Text macht Sie schön, reich und glücklich

Düsseldorf · Facebook geht stärker gegen Webseiten-Betreiber vor, die mit reißerischen Überschriften Leser locken wollen. Das Klickverhalten der Nutzer alarmiert die Algorithmen des sozialen Netzwerks.

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Foto: Fiene

Zum Weltkatzentag bin ich auch wieder drauf reingefallen. "Was dieses Mädchen mit den Katzenbabys unternimmt, ist herzzerreißend, doch eine Sekunde veränderte ihr Leben." Neugierig klickte ich auf das Video, doch war dann enttäuscht und verärgert. Es war eine billige Videoaufnahme. Die Schrecksekunde zeigt, wie die Katze die Pfote ausstreckt, das Kind erschrickt und dann doch weiterspielt. Überschriften wie diese werden im Netz als Clickbaiting bezeichnet. Zu Deutsch: Klickköder.

Einige Medien haben es ausgenutzt, ihre dünnen Inhalte mit den reißerischsten Locktiteln zu versehen. Es sind in den letzten Jahren sogar Webseiten entstanden, deren Geschäftsmodell auf Clickbaiting basiert — und die Enttäuschung der Leser einkalkuliert. Man mag ja meinen, dass der Mensch dazulernt und irgendwann diese hohlen Überschriften ignoriert. Aber dem ist nicht so.

Facebook verschärft jetzt seine Filter gegen Klickköder. Das soziale Netzwerk erklärt sich und spricht von einem "Nutzererlebnis", man wolle "authentische Kommunikation" auf seiner Plattform. Damit hat Facebook recht. Ein guter Titel darf zuspitzen, aber nichts versprechen, was er nicht halten kann.

Facebook hat bisher versucht, die Enttäuschung der Nutzer zu messen. Die Algorithmen errechnen die Lesedauer eines verlinkten Texts. Die These: Brechen viele Leser ab, löst der Inhalt nicht das ein, was die Überschrift verspricht. Wenn verhältnismäßig viele Leser kurz nach einem Klick auf einen Artikel direkt auf Facebook weitersurfen, löst dies Clickbait-Alarm bei den Facebook-Algorithmen aus. Wenn dann noch verhältnismäßig wenige Nutzer auf "Gefällt mir" klicken oder einen Kommentar hinterlassen, ist das ein weiteres Signal. Aber dies war noch nicht genug: Jetzt hat Facebook Zehntausende Überschriften analysiert und typische Merkmale für Klickköder definiert:

Erstens, wenn die Überschrift bewusst eine wichtige Information verschweigt, die für das Verständnis wichtig sind.

Zweitens, wenn Erwartungen geweckt werden, die in die Irre führen.

Künftig kommt somit eine Textanalyse hinzu. Entspricht eine Überschrift dem Muster für Klickköder, wird sie herausgefiltert.

Es ist bemerkenswert, dass selbst Facebook es nicht auf Anhieb gelingt, gegen Clickbaiting vorzugehen. Dabei kann jeder Nutzer selbst sein bester Algorithmus sein. Wenn mich demnächst eine Überschrift nicht mit Inhalt überzeugt, sondern vorschreibt, wie ich mich nach dem Klick fühlen soll, dann scrolle ich einfach weiter.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor unter: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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