Kolumne: Total Digital Wenn Algorithmen Lügen verbreiten

Düsseldorf · Im US-Wahlkampf diskutieren nicht nur Menschen, sondern auch Bots - Roboterprogramme, die ebenso nützlich wie schädlich sein können.

Kolumne: Total Digital: Wenn Algorithmen Lügen verbreiten
Foto: Langer

Der ebenso elende wie elend lange US-Wahlkampf ist bald endlich vorbei. Bleiben werden der Eindruck von Lügen, Borniertheit, Rassismus, Paranoia und Bigotterie in einer zerrissenen Gesellschaft. Nicht nur, aber auch, angefeuert von Robotern im Internet. Eine Armada von Algorithmen schleuderte während und nach den TV-Debatten Trump-gefällige Botschaften ins Netz und wiederholte sie in Endlosschleife.

Zeitweise stand der irreführende Hashtag #Trumpwon bei Twitter sogar an der Spitze der Hashtag-Hitliste. Als ich das sah, dachte ich zunächst, ich hätte eine andere Fernseh-Debatte als die Mehrheit der Twitter-Nutzer angeschaut. Doch dann stellte sich heraus: Jeder dritte Tweet pro Donald Trump stammte von sogenannten Social Bots und auch jeder fünfte Tweet pro Hillary Clinton wurde von Algorithmen verfasst. Das fand ein Forscherteam unter der Leitung des Internet-Instituts an der Universität Oxford heraus. Für die Studie wurden nach der ersten TV-Debatte am 26. September mehr als vier Millionen Tweets mit eindeutigen Hashtags für den republikanischen oder die demokratische Kandidatin analysiert.

Bots (Abkürzung für "Robots") sind Hilfsprogramme, die automatisiert wiederkehrende Routinen ausführen. Natürlich ist Software per se nicht böse, sondern nützlich. Bots können Kinokarten reservieren oder einfache Kundendienstfragen beantworten. Doch in den falschen Händen können sie auch großen Schaden anrichten. Bots können Börsenkurse manipulieren, denn Aktienhändler und Börsensoftware registrieren und reagieren auf Gerüchte im Netz. Und wenn automatisierte Tweets oder Facebook-Updates Wähler davon abhalten, ihre Stimme für Clinton abzugeben, weil sie glauben, dass Trump ohnehin schon gewonnen habe (oder umgekehrt), dann werden demokratische Wahlen unterwandert.

Im diesem Krisenjahr mit Brexit, Donald Trump, Syrien, Pegida und Flüchtlingskrise tönen Bots im Netz besonders laut und schrill. Sogar Angela Merkel, vor drei Jahren noch als "Neuland"-Entdeckerin verspottet, sprach beim Deutschland-Tag der Jungen Union von Bots als eine der Herausforderungen der digitalen Gesellschaft. Sorge macht ihr vor allem die AfD, die angekündigt hat, im kommenden Bundestagswahlkampf Bots einzusetzen. Wenn die AfD bei Twitter demnächst auffallend häufig als beliebteste Partei Deutschlands genannt wird oder ihre Vertreter über den grünen Klee gelobt werden, dann seien Sie skeptisch. Hinter dem Hashtag #AfDwon könnte die Bot-Armee stecken.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin an: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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