Kolumne: Total Digital Wenn Maschinen den Menschen besiegen

Berlin · Eine Welt, in der Computer die bestmögliche Auslastung unserer Fabriken und Kraftwerke überwachen werden, ist keine Zukunftsmusik mehr. Wir leben in einer Welt am Vorabend der technologischen Singularität.

Kolumne: Total Digital: Wenn Maschinen den Menschen besiegen
Foto: Mathias Vietmeier

In diesem Frühjahr ist etwas Außergewöhnliches passiert. Ein Computer hat den menschlichen Meister im Strategiespiel "Go" besiegt. Go galt als letzte Bastion der menschlichen Intelligenz. Das Brettspiel ist derart komplex, dass es nicht allein durch Rechenleistung, sondern vor allem durch Intuition gewonnen werden kann — dachte man.

Staunen Sie mit mir über eine Welt, in der schon bald Computer das Steuerrad unserer Autos übernehmen werden. Eine Welt, in der Computer die bestmögliche Auslastung unserer Fabriken und Kraftwerke überwachen werden. Eine Welt am Vorabend der technologischen Singularität.

Singularität, das ist der Moment, wenn Maschinen sich selbst verbessern und dadurch den technischen Fortschritt dermaßen rasant beschleunigen, so dass nicht einmal der klügste Gelehrte in der Lage ist, vorherzusehen, was danach kommt.

Ein Labor, in dem die künstliche Intelligenz erwachen könnte, steht in Mountain View, Kalifornien. Hier hat Google AlphaGo entwickelt - der Rechner, der uns Menschen im Go-Spiel bezwungen hat. Auf seiner jährlichen Entwicklerkonferenz hat der Internetkonzern gerade demonstriert, woran in der Konzernzentrale noch so gearbeitet wird. Zum Beispiel an einem Betriebssystem, das nur noch durch Sprache gesteuert wird.

Vor zwei Wochen hat meine Kollegin Ulrike Langer an dieser Stelle beschrieben, wie uns digitale Assistenten immer mehr auf die Pelle rücken. Computer, die uns Tag und Nacht belauschen, sei es über das Smartphone oder ein separates Gerät. Sie lernen uns kennen und sind dadurch in der Lage, uns immer besser zu bedienen. Ob Pizza-, Blumen-Lieferungen oder Flugbuchungen auf Zuruf, das alles ist heute schon kein Problem.

Ein Start-up aus San José hat jüngst mit einem neuartigen Programm für Aufsehen gesorgt. Auf den ersten Blick gleicht "Viv" Assistenten wie Alexa von Amazon oder Siri von Apple. Der Unterschied: Viv ist in der Lage, sich selbst zu programmieren. Es folgt keinem vorgegebenen Lösungsweg, sondern zerlegt eine menschliche Frage in ihre Einzelteile und überlegt eigenständig, wie es am klügsten vorgeht, um die Frage bestmöglich zu beantworten.

Maschinen, die uns nicht nur im Brettspiel schlagen, sondern bald auch in anderen Bereichen des Lebens. Zukunftsmusik? Tatsächlich musste der prognostizierte Zeitpunkt der Singularität schon mehrfach um Jahrzehnte verschoben werden. Der Moment, wenn sie tatsächlich eintritt, wird uns Menschen kalt erwischen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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