Innenminister der Länder beraten am Mittwoch Kraft für neuen Anlauf zu NPD-Verbot

Berlin · Die Länder dringen darauf, die rechtsradikale NPD in einem erneuten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen. Innenminister und Ministerpräsidenten wollen in dieser Woche darüber entscheiden. Zuletzt war ein NPD-Verbot 2003 gescheitert.

Hannelore Kraft - die alte und neue Ministerpräsidentin von NRW
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"Nach zwölfjähriger Debatte über das Verbot sollten wir jetzt den Mut haben, den Schritt zu gehen. Unsere Demokratie muss sich wehrhaft zeigen", sagte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) unserer Redaktion. "Es war verabredet, ein NPD-Verbotsverfahren anzustrengen, wenn es mit Aussicht auf Erfolg zu führen ist", betonte sie. Die Länder hätten dafür über Monate eine solide Grundlage erarbeitet. Nach allem, was ihr bekannt sei, basiere das gesammelte Material nicht auf Informationen von V-Leuten.

Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU), rechnet fest mit einem NPD-Verbot. Quellen belegten eindeutig den verfassungsfeindlichen Charakter der rechtsextremen Partei, sagte Caffier der "Ostsee-Zeitung". Das Beweismaterial sei "gut und stichfest".

Auch die Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (CDU), bewertet die Erfolgsaussichten für einen neuerlichen NPD-Verbotsantrag als gut. "Ich gehe von einem geschlossenen Verhalten der Innenminister und der Ministerpräsidentenkonferenz aus", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch).

Hessen und Niedersachsen lenken ein

Die Ablehnungsfront in den Ländern jedenfalls bröckelt spürbar. Nach Niedersachsen hatte am Dienstag auch Hessen eingelenkt und angekündigt, einen Antrag für ein Verbot der rechtsextremen Partei mitzutragen. Einzig das Saarland hielt sich die Entscheidung bis zuletzt offen.

Doch am Morgen hieß es aus Regierungskreisen, das Bundesland habe entschieden, dem geplanten NPD-Verbotsverfahren zuzustimmen. Nach dem Willen der CDU/SPD-Koalition sollen allerdings rechtliche Zweifel in einer Protokoll-Erklärung festgehalten werden.

Die Innenminister wollen sich bei ihrem Treffen am Mittwoch in Rostock-Warnemünde auf eine Empfehlung an die Ministerpräsidenten verständigen. Die Länder-Regierungschefs tagen am Donnerstag in Berlin und geben dann ihr Votum ab.

Hessen galt bislang neben dem Saarland als größer Skeptiker eines Verbotsverfahrens. Das Land will das Verfahren aber nun nicht ausbremsen. "Wir werden uns einem entsprechenden Antrag nicht entgegenstellen", sagte der hessische CDU-Innenminister Boris Rhein am Dienstagabend in Wiesbaden.

Der Bund hält sich in der Frage bislang bedeckt. Es ist noch offen, ob Bundestag und Bundesregierung bei dem Ländervorstoß mitziehen. Vor allem Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist skeptisch und verweist immer wieder auf die Risiken.

Letzter Anlauf im Jahr 2003

2003 war ein erster Versuch in Karlsruhe gescheitert, weil Informanten des Verfassungsschutzes (V-Leute) auch in der NPD-Führung tätig waren. Bund und Länder versichern, dass diese Spitzel inzwischen abgeschaltet sind, also dem Verfassungsschutz keine Informationen mehr liefern. Auch die gesammelten Belege gegen die NPD sollen keine Informationen von V-Leuten beinhalten.

Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) appellierte an den Bundesinnenminister, einen NPD-Verbotsantrag mit zu beschließen.
Schünemann sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Der Ball liegt jetzt auf dem Elfmeterpunkt, und ich bin sicher, dass Herr Friedrich den Schuss auch versenkt. Alles andere könnte ich nicht verstehen."

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, bezweifelte die politische Sinnhaftigkeit. Die Bürger hätten die NPD von Wahltag zu Wahltag in die politische Bedeutungslosigkeit zurück gestoßen. "Das ist mehr wert als jedes Verbot", sagte der CSU-Politiker der "Berliner Zeitung" (Mittwoch).

Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte sich bis zuletzt skeptisch gegenüber einem erneuten NPD-Verbotsverfahren gezeigt. Auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele hat Bedenken: "Wenn wir im Wahljahr 2013 einen Antrag für ein NPD-Verbot stellen, wird dies eine Solidarisierungswelle mit der NPD in der sonst zerstrittenen rechten Szene hervorrufen."

(qua)
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