Untersuchung bei Schwangeren Krankenkassen sollen Down-Syndrom-Test bezahlen

Berlin · Die Kosten für einen Bluttest auf das Down-Syndrom beim Ungeborenen könnte schon bald von den Krankenkassen bezahlt werden. Behindertenverbände befürchten Reihenuntersuchungen.

Down-Syndrom: Fünf Fragen
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Fünf Fragen zu Down-Syndrom

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Foto: dapd, Mario Vedder

Die von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierte Vorsorge für Schwangere soll voraussichtlich um einen Bluttest erweitert werden, der erhebliche ethische Fragen aufwirft. Seit etwa vier Jahren gibt es einen Bluttest für werdende Mütter, der das ungeborene Kind auf einen Gen-Defekt prüft, den Mediziner Trisomie 13, 18 oder 21 nennen. Man spricht auch vom Down-Syndrom.

Bislang müssen die werdenden Mütter, die einen solchen Test wünschen, diesen selbst bezahlen. Kostenpunkt: 400 bis 650 Euro. Gestern beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss, das Selbstverwaltungsgremium im Gesundheitswesen, in dem Ärzte, Kliniken, Patientenvertretern und Krankenkassen sitzen, ein Verfahren einzuleiten, an dessen Ende voraussichtlich die Kassenzulassung für den Test steht. Das Verfahren kann bis zu drei Jahre dauern.

Bislang wird das Risiko des Down-Syndroms durch eine Ultraschalluntersuchung in der 20. Schwangerschaftswoche und bei Verdacht auf Trisomie 21 durch eine weitere invasive Untersuchung bestimmt. Diese zweite Untersuchung ist für den Fötus gefährlich. In einem von 200 Fällen kommt es zu einer Schädigung des ungeborenen Kindes - es folgt ein Abort. Der Bluttest ist dagegen weder für Mutter noch für das Kind gefährlich.

90 Prozent entscheiden sich gegen Kind

"Bei einer Entdeckung des Down-Syndroms entscheiden sich 90 Prozent der Eltern dafür, dass sie das Kind nicht austragen wollen. Daher sehe ich im nun geplanten zweiten Schritt keinen Kulturverfall per se", sagte der Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Peter Dabrock, unserer Redaktion. "Ich gehe aber davon aus, dass sich das Überwachungsregime für Schwangere weiter ausweiten wird."

Der Augsburger Weihbischof Anton Losinger, der auch lange Mitglied des Ethikrats war, bewertet dies gänzlich anders: "Wenn diese Linie überschritten wird und die pränatalen Bluttests Kassenleistung werden, wird sich die Gesellschaft ändern", sagte Losinger unserer Redaktion. Aktuell leben in Deutschland etwa 50.000 Menschen mit einem Down-Syndrom. Ab einem Alter von 35 Jahren der Mutter steigt das Risiko, ein Down-Kind zur Welt zu bringen deutlich an, da die Qualität der Eizellen nachlässt.

Nach dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses sollen voraussichtlich Risiko-Schwangere das Angebot des Tests erhalten. Diese Gruppe ist recht groß. Ab 35 Jahren werden Frauen bereits als Risiko-Schwangere eingestuft. Das sind etwa 20 Prozent der Mütter. Als Risiko gelten zudem anstehende Mehrlingsgeburten und Schwangere mit Vorerkrankungen.

Angesichts dieser ohnehin großen Gruppe, der dann routinemäßig der Bluttest auf ein Down-Syndrom des Ungeborenen zur Verfügung stünde, fürchtet der Behindertenverband Lebenshilfe, dass es zur Reihenuntersuchungen bei Schwangeren kommen könnte. Die Vorsitzende der Lebenshilfe und frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) kritisierte, der Test vermittle den Eindruck, ein perfektes Kind sei möglich.

Behindertenverbände und eine Reihe von Bundestagsabgeordneten hatten den Gemeinsamen Bundesausschuss im Vorfeld vor diesem Schritt gewarnt. Der Bundesausschuss-Vorsitzende Josef Hecken versprach, im weiteren Verfahren wissenschaftliche Fachgesellschaften und weitere gesellschaftliche Organisationen einzubeziehen wie etwa den Deutschen Ethikrat.

(qua)
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