Justizminister Maas bekommt Gegenwind Länder wollen Reform des Mordparagrafen stoppen

München · Ist eine Straftat Mord oder Totschlag? Laut Strafrecht hängt das von der Gesinnung des Täters ab: Bei Heimtücke - Mord. Die Nazis haben es 1941 so festgelegt. Jetzt will Justizminister Maas das ändern. Doch seine Pläne stoßen aber auf Widerstand in mehreren Bundesländern

 Mit seinen Plänen zur Reform des Mordparagrafen bekommt Justizminister Heiko Maas Gegenwind.

Mit seinen Plänen zur Reform des Mordparagrafen bekommt Justizminister Heiko Maas Gegenwind.

Foto: dpa, tba cul

Die Pläne von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) für eine Reform des Mordparagrafen stehen auf der Kippe: Bayern und auch andere Bundesländer mit unionsgeführten Justizministerien sind dagegen und sehen gute Möglichkeiten für eine Blockade. Sie befürchten das Aus für lebenslange Haftstrafen durch die Maas-Pläne.

"Die Chancen für Herrn Maas, eine Regelung durchzubringen, mit der die lebenslange Freiheitsstrafe zur Disposition gestellt wird, sind vor dem Hintergrund des Koalitionsvertrags gering", sagte Bayerns Justizminister Winfried Bausback (CSU) der Nachrichtenagentur dpa in München. Im schwarz-roten Vertrag sei kein neues Tötungsstrafrecht vereinbart worden.

Die jetzige Regelung habe sich bewährt, betonte Bausback. "Wichtige Mord-Merkmale sind in den vergangenen Jahrzehnten verfassungsrechtlich überprüft worden - wir haben hier Rechtssicherheit. Eine Reform würde dagegen erst einmal wieder ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit mit sich bringen." Hessen, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sähen dies genauso.

Maas will die Paragrafen 211 und 212 zu Mord und Totschlag im Strafgesetzbuch ändern. Im Wesentlichen gehen diese auf das NS-Strafrecht aus dem Jahr 1941 zurück. Problematisch sei, dass der Gesetzestext nicht den Tatbestand in den Mittelpunkt der Rechtsprechung stelle, sondern die Persönlichkeit und die Motive des Täters, hatte Maas erklärt: "Moralisch aufgeladene Gesinnungsmerkmale wie die Heimtücke stellen die Praxis heute vor Schwierigkeiten."

Bausback hielt dagegen: "In der Praxis wird nach dem, was meine Richter und Staatsanwälte mir sagen, kein Reformbedarf gesehen." Der CSU-Politiker kritisierte den Vorschlag des Deutschen Anwaltvereins, einen einheitlichen Tötungstatbestand mit einem Strafrahmen von fünf Jahren bis lebenslänglich einzuführen: "Das führt faktisch zur Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe. Denn ein Richter wird dann nahezu nie die Höchststrafe verhängen, weil er sich immer denkt, da könnte noch ein Fall kommen, der noch schlimmer ist."

Die lebenslange Freiheitsstrafe sei die "Leitwährung eines jeden Strafrechts", betonte Bausback. "Der absolute Wert des Lebens muss auch darin zum Ausdruck kommen."

Nach Ansicht von Maas schafft die bisherige Regelung Ungerechtigkeiten: Wenn zum Beispiel ein gewalttätiger Ehemann seine Frau erschlägt, werde das meist als Totschlag bestraft. Tötet hingegen die gepeinigte Frau ihren prügelnden Mann aus körperlicher Unterlegenheit im Schlaf, gelte das in der Regel als heimtückischer Mord und führe zu einer lebenslangen Haftstrafe.

Bausback hält dieses Argument für nicht stichhaltig: Die Rechtsprechung der vergangenen Jahrzehnte zeige, dass in besonderen Einzelfällen auch die Gesamtumstände berücksichtigt würden. Bei einer heimtückisch begangenen Tat könne daher auch eine hohe zeitige Freiheitsstrafe statt lebenslänglich verhängt werden.

Baden-Würtembergs Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) sagte hingegen der dpa, er begrüße den von Maas angestoßenen Prozess. "Das ist ein anspruchsvolles und verdienstvolles Vorhaben" - sein Ministerium wolle das konstruktiv begleiten. Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) ist skeptisch: "Wir sind 60 Jahre mit dem Mordparagrafen gut gefahren, und alle Verwerfungen, die es auch mal geben kann, haben in der Vergangenheit die Gerichte gelöst."

Hessens Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) erklärte, es gebe wichtigere rechtspolitische Herausforderungen, etwa den Kampf gegen Internetkriminalität oder die Bekämpfung der Kinderpornografie.
"Diese rechtspolitische Sicherheit für eine Diskussion um reine Begrifflichkeiten zu opfern, lehne ich ab." Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sagte der dpa: "Ich verstehe die Kritik an der Wortwahl und Logik der Mordmerkmale." Einen wirklich überzeugenden Lösungsvorschlag habe er aber noch nicht gesehen. "Und eines ist für mich unabdingbar: Am Strafmaß "lebenslänglich" für Mord darf nicht gerüttelt werden."

(dpa)
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