Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern Gegen die Angst

Meinung | Düsseldorf · Der Protest von rechts ist mit der AfD als zweitstärkste Kraft in Mecklenburg-Vorpommern endgültig hoffähig geworden. Das muss jeden Demokraten besorgen. Doch nicht jeder AfD-Wähler ist auch wirklich ein Rechter. Und so sollte die Antwort der "großen" Parteien keine Kehrtwende in der Flüchtlingspolitik sein.

 Der Spitzenkandidat der SPD, Ministerpräsident Erwin Sellering, steht nach der Bekanntgabe der ersten Ergebnisse zu den Landtagswahlen im TV-Studio.

Der Spitzenkandidat der SPD, Ministerpräsident Erwin Sellering, steht nach der Bekanntgabe der ersten Ergebnisse zu den Landtagswahlen im TV-Studio.

Foto: dpa, pgr fux

Die Alternative für Deutschland liegt erstmals in einer Wahl vor der Volkspartei und Kanzler-Partei CDU. Zur Erinnerung: Vor einem Jahr lag die AfD nach ihrer Spaltung bundesweit bei vier Prozent. Sage noch einer, die Flüchtlingspolitik der Regierung habe nichts mit dem aufwühlenden Erfolg der Nationalisten zu tun, die in ihren Reden die Warnung vor der "Asylflut" und den Slogan "Deutschland den Deutschen" gerne bis zum Schluss aufheben.

Landtagswahl MV 2016: Gegen die Angst - Kommentar zu Ergebnissen
Foto: rtr, HAN/

Die Verluste für die "großen" Parteien sind ernüchternd, für die CDU ist der dritte Platz ein Debakel. Man könnte nun sagen, Mecklenburg-Vorpommern ist nicht so relevant. Die Stadt Köln hat ja fast so viele Wahlberechtigte wie das Bundesland. Man könnte auch sagen: Deutschland ist in Europa angekommen. Rechtspopulisten gibt es überall. Doch wäre das zu kurz gesprungen. Die AfD sitzt in neun Landtagen, der Protest von rechts ist hoffähig geworden. Das muss jeden Demokraten besorgen.

Landtagswahl MV 2016: Gegen die Angst - Kommentar zu Ergebnissen
Foto: dpa, bwu fdt

Ein Blick in die Befragungen der AfD-Wähler zeigt aber, dass viele nicht rechts, sondern Protest gewählt haben. Knapp 500.000 Wähler hat die AfD in den vergangenen Jahren von Union und SPD bekommen. Das sind ja wahrscheinlich nicht alles Neonazis. Viele fühlen sich schlicht nicht ernst genommen von den Etablierten, nicht gefragt. Sie machen sich Sorgen um ihre Zukunft, aber vertrauen der Politik nicht mehr. Die Angst vor Veränderungen ist die Triebfeder dieser Bewegung und der Vertrauensverlust in den Rechtsstaat, den die Kanzlerin und ihre dilettierenden Behörden in der Flüchtlingskrise zu verantworten haben, hat diese befeuert.

Hier müssen Angela Merkel und SPD-Chef Sigmar Gabriel ansetzen. Zuhören, eine schonungslose Analyse der Lage vornehmen, Chancen und Risiken deutlich benennen und dann ein Programm skizzieren, wie dieses Land die Herausforderungen Globalisierung, Demografie und die Integration von Millionen Menschen aus anderen Kulturen bewerkstelligen soll. Darauf haben die Bürger ein Anrecht.

Eine 180-Grad-Drehung bei der Flüchtlingspolitik wäre übrigens nicht der richtige Weg. Dieses Land muss und wird immer Verfolgten Schutz bieten. Es wäre auch ein Schlag ins Gesicht der Hunderttausenden Helfer, die immer noch Menschen ein Dach über dem Kopf bieten, die sie nie zuvor gesehen haben, deren Sprache sie nicht kennen, die vielleicht eine dunklere Haut haben als sie und eine andere Religion. Angst und Kleinmut hatten diese Helfer nicht. Auch kein Mikrofon oder Scheinwerferlicht. Sie hatten einen Plan, und den Willen, es zu schaffen. Sie machten einfach. Es wird Zeit, dass sich die Politik diesen Menschen zuwendet. Und die Rechten rechts liegen lässt.

(brö)
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