Mecklenburg-Vorpommern AfD hängt CDU bei der Landtagswahl ab — SPD siegt

Schwerin/Berlin/Düsseldorf · Die AfD hat bei der Wahl in Mecklenburg-Vorpommern nicht nur auf Anhieb den Sprung in den Schweriner Landtag geschafft, sondern wird dort auch mit mehr Abgeordneten vertreten sein als die CDU. Die rot-schwarze Koalition kann aber weiterregieren.

 Lorenz Caffier von der CDU und AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm.

Lorenz Caffier von der CDU und AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm.

Foto: afp

Ein Jahr vor der Bundestagswahl setzt die AfD ihren Erfolgskurs fort: Dass es bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern sogar gelungen sei, die CDU von Platz zwei zu verdrängen, sei ein "Sahnehäubchen", sagte AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm AfD. "Vielleicht ist das heute der Anfang vom Ende der Kanzlerschaft Angela Merkels." CDU-Generalsekretär Peter Tauber hingegen nannte es "bitter", dass die AfD erstmals bei einer Wahl mehr Stimmen erzielte als die Christdemokraten. Er führte die schwere Schlappe auf "Unmut und Protest" in der Bevölkerung zurück. Dies habe offensichtlich zu großen Teilen "mit der Diskussion über die Flüchtlinge" zu tun.

 Das vorläufige amtliche Endergebnis in Zahlen.

Das vorläufige amtliche Endergebnis in Zahlen.

Foto: Statistisches Amt MV / Grafik: RP ONLINE

Trotz erheblicher Verluste können Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) und sein Juniorpartner Lorenz Caffier (CDU) die vor zehn Jahren geschlossene rot-schwarze Koalition im Nordosten fortführen. Caffier lehnte einen Rücktritt vom Amt des Landesvorsitzenden zunächst ab. "Ich glaube, ich habe momentan keine Veranlassung", sagte er am Sonntagabend in der ARD. Im ZDF betonte Caffier, die CDU sei eine "Mannschaft". Über mögliche Konsequenzen aus dem Wahlergebnis müsse nun in den Parteigremien gesprochen werden.

 Die Sitzverteilung im neuen Landtag.

Die Sitzverteilung im neuen Landtag.

Foto: infratest dimap / Grafik: RP ONLINE

Nach langem Bangen über den Wahlabend hinweg haben es die Grünen letztlich nicht in den neuen Landtag von Mecklenburg-Vorpommern geschafft, mit 4,8 Prozent der Stimmen. Nicht mehr im Landtag vertreten ist ebenfalls die rechtsextreme NPD, die FDP scheiterte abermals an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Linken gehen geschwächt aus der Wahl hervor, mit nur 13,2 Prozent der Stimmen.

 Die Wahlbeteiligung lag bei 61,6 Prozent. Diese Karte zeigt die verschiedenen Wahlkreise. In den blauen hat ein AfD-Kandidat das Direktmandat geholt.

Die Wahlbeteiligung lag bei 61,6 Prozent. Diese Karte zeigt die verschiedenen Wahlkreise. In den blauen hat ein AfD-Kandidat das Direktmandat geholt.

Foto: Statistisches Amt MV / Landeswahlleiterin

Die AfD hat in Vorpommern bei der Landtagswahl drei Direktmandate geholt. Den höchsten Stimmenanteil erreichte dabei im Wahlkreis Wolgast/Usedom der Greifswalder Rechtsprofessor Ralph Weber mit 35,3 Prozent der Stimmen - klar vor dem zweitplatzierten CDU-Kandidaten mit 19,0 Prozent. Im Wahlkreis Vorpommern-Greifswald I ging das Direktmandat mit 31,6 Prozent an den AfD-Landesprecher Matthias Manthei vor der CDU mit 23,0 Prozent. Im südlichen Vorpommern setzte sich Jürgen Strohschein mit 28,6 Prozent gegen die zweitplatzierte CDU (26,2) durch.

Im März hatte die AfD mit 24,3 Prozent in Sachsen-Anhalt ihren bislang höchsten Wahlsieg gefeiert, blieb aber hinter der CDU. Nach dem Triumph in Mecklenburg-Vorpommern sitzt die AfD jetzt in neun der 16 Landesparlamente.

Erste Analysen zur Wählerwanderung ergaben, dass die CDU 23.000 Wähler an die AfD verloren hat. Damit bekam die AfD mehr Stimmen von ehemaligen CDU-Wählern als von ehemaligen NPD-Wählern, von denen 19.000 die AfD gewählt haben. Die SPD verlor 17.000 Wähler an die AfD.

"Dass auch SPD, Linke und Grüne zusammen 15 Prozent an die AfD abgegeben haben, ist kein Trost, zeigt aber den Ernst der Lage", bekräftigte der CDU-NRW-Chef und stellvertretende Bundesvorsitzende Armin Laschet im Gespräch mit unserer Redaktion. "Für uns heißt das, dass die CDU mit sachlichen Alternativen für eine bessere Landespolitik werben und gleichzeitig die Parolen der AfD bekämpfen wird", kündigte Laschet an.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sprach von einer "schweren persönlichen Niederlage" von Kanzlerin Merkel in deren Heimat Mecklenburg-Vorpommern, während Grünen-Chef Cem Özdemir davor warnte, das gute Abschneiden der AfD allein mit der Unzufriedenheit über die Flüchtlingspolitik zu begründen.

Trotz des Misserfolgs der Liberalen würdigte FDP-Chef Lindner deren Verdienst, in aufgeheizter Stimmung nicht auf die populistische Karte gesetzt zu haben, während die Bundesregierung alles unternommen, "um Menschen in die Arme dieser rechtspopulistischen Protestpartei zu treiben."

Pressestimmen zur Landtagswahl in MV 2016
12 Bilder

Pressestimmen zur Landtagswahl 2016

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Foto: qvist /Shutterstock.com/Retusche RPO

Ungeachtet herber Verluste sieht NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ihre Partei in Schwerin als Gewinner. Sie sei nun "gespannt auf die Diskussion innerhalb der Union", sagte Kraft. Das Ergebnis sei auch ein besonderer Verdienst Erwin Sellerings, der die SPD nach schwierigen Umfragen noch vor wenigen Wochen wieder zur stärksten Kraft in Mecklenburg-Vorpommern gemacht habe. "Wenn man gemeinsam Kurs hält, kann man auch in stürmischen Zeiten gewinnen", sagte Kraft.

Sven Lehmann, Grünen-Chef in NRW, bezeichnete es als Warnsignal, dass in Mecklenburg-Vorpommern jeder Vierte rechts oder rechtsextrem gewählt habe. Er fügte hinzu: "Wir werden 2017 alles daran setzen, dass NRW ein Einzug der AfD in den Landtag erspart bleibt."

In zwei Wochen wird in Berlin ein neues Landesparlament gewählt. Bis zur Bundestagswahl im September kommenden Jahres gibt es mit den Wahlen im Saarland (26. März), in Schleswig-Holstein (7. Mai) und in Nordrhein-Westfalen (14. Mai) drei weitere politische Stimmungstests. Zudem wird am 12. Februar ein neuer Bundespräsident gewählt.

Im Bundesrat ändert sich durch das Wahlergebnis in Mecklenburg-Vorpommern nicht viel. Die große Koalition hat in der Länderkammer schon jetzt keine Mehrheit. Dabei wird es auch bleiben. Derzeit verfügen die von Union und SPD gemeinsam oder allein regierten Länder über 20 der 69 Stimmen im Bundesrat. Auch Mecklenburg-Vorpommern gehörte bisher diesem schwarz-roten Block an. Dabei würde es bei einer Neuauflage von Rot-Schwarz in Schwerin auch bleiben.

(RP)
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