CDU-Ministerpräsidentin Lieberknecht: "Steuersenkungen sind unnötig"

Berlin (RP). Die thüringische CDU-Regierungschefin Christine Lieberknecht hält die Steuerpläne der schwarz-gelben Bundesregierung für falsch und fordert Korrekturen beim Steuersystem. Notfalls will sie im Bundesrat gegen die Steuersenkungen ihrer eigenen Partei stimmen, sagt sie im Interview mit unserer Redaktion.

 Thüringens Ministerpräsidentin spricht sich gegen Steuersenkungen aus.

Thüringens Ministerpräsidentin spricht sich gegen Steuersenkungen aus.

Foto: AP, AP

Die schwarz-gelbe Bundesregierung will ab 2013 Steuern senken. Ist das angesichts der europäischen Schuldenkrise nicht unverantwortlich?

Lieberknecht Es ist vor allem unnötig. Die Menschen in Deutschland erwarten, dass die Politik auch handwerklich ihre Arbeit macht. Dazu gehören Steuervereinfachungen, durch ein transparenteres Steuersystem, bei dem jeder weiß, was er am Ende an das Finanzamt zahlt.

Werden die Länder Steuersenkungen blockieren?

Lieberknecht Thüringen wird sich dafür einsetzen, dass niemand mehr Sorgen haben muss, was in der Post vom Finanzamt steht. Die Tatsache, dass man nie so richtig weiß, wie viel Steuern man am Ende tatsächlich zahlen muss, ist ein wirkliches Hemmniss für Investitionen, insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen.

Ist es möglich, dass der Effekt der kalten Progression beseitigt wird und mit höheren Steuersätzen bei Gutverdienern finanziert wird?

Lieberknecht Um solche Fragen zu beantworten, bedürfte es zunächst eines ordentlichen Konzeptes. Was ich in der irrlichternen Diskussionen, wie um die aktuellen Steuersenkungen, vermisse, ist ein nachhaltiges und vernünftiges finanzpolitisches Konzept, was auch langerfristig trägt. Ich spreche mich unter anderem deshalb in der jetzigen Situation gegen Steuersenkungen aus, weil ich nicht erkennen kann, welcher finanzpolitischen Konzeption das folgen soll.

Die schwarz-gelbe Koalition im Bund hat im Koalitionsvertrag 2009 aber doch Entlastungen versprochen. Sie hält Wort.

Lieberknecht Niemand hat grundsätzlich etwas gegen Steuersenkungen, wenn dem auf struktureller Ebene eine Vereinfachung des Steuersystems vorangeht. Eine Entrümpelung unseres bisherigen Steuerrechts hat aus meiner Sicht Vorrang vor parteipolitischen Nothilfepaketen. Die Menschen in unserem Land erwarten vor dem Hintergrund der vielen wichtigen Aufgaben wie dem Bildungspaket, der Bundeswehrreform, der Energiewende oder der dringend notwendigen Haushaltskonsolidierung zum jetzigen Zeitpunkt auch keine Steuersenkungen.

Michael Bröcker stellte die Fragen.

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