Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz Malu Dreyer - der einzige Lichtblick der SPD

Mainz · Rheinland-Pfalz behält seine sozialdemokratische Regierungschefin Malu Dreyer. Entsprechend euphorisch ist die Partei. Dreyer wirbt bereits um die FDP.

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Die Gewinner und Verlierer in Rheinland-Pfalz

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Foto: dpa, arn lof

Erst die Prognose, dann der grenzenlose Jubel: In den Räumen der SPD recken die Genossen die Fäuste hoch, klatschen und jubeln. Menschen liegen sich den Armen. Dann skandiert die Menge "Malu, Malu, Malu". Die Genossen feiern das Wunder von Mainz. Dass die SPD am Ende vorne liegt, ist schon eindrucksvoll genug. Dass sie die CDU aber derart distanziert, empfinden viele als Sensation. Entsprechend euphorisch ist die Stimmung.

37 Minuten nachdem die ersten Zahlen und Prozente über den Bildschirm geflimmert sind, bahnt sich Malu Dreyer ihren Weg durch die Menge. Ihr Ehemann Klaus Jensen ist an ihrer Seite, ebenso SPD-Landeschef Roger Lewentz und SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer. Überall wird Dreyer umarmt, geherzt, fotografiert. Jeder im Raum will ein wenig Anteil haben an der strahlenden Wahlsiegerin und an diesem historischen Moment.

"Malu! Malu! Malu!"

Und wieder wogt der Saal vor Begeisterung: "Malu! Malu! Malu!" Die alte und neue Ministerpräsidentin kommt kaum zu Wort. "Vielen Dank", ruft sie. Jedes Wort, jede Silbe wird mit Applaus quittiert. "Die SPD in Rheinland-Pfalz ist mit alter Stärke zurück", ruft sie ihren Anhängern zu. Als sie erklären will, dass die Partei "wie elektrisiert" sei, findet sie das Wort nicht. "Unter Strom", ruft jemand, und alle lachen. "Ich bin einfach nur glücklich", bekennt Dreyer. Da haben die Genossen schon "So sehen Sieger aus" angestimmt.

Malu Dreyer und Julia Klöckner im gleichen Outfit
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Malu Dreyer und Julia Klöckner im gleichen Outfit

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Foto: ap, FO

Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler ist ganz außer sich vor Freunde und umarmt alle Parteifreunde stürmisch. "Das ist so schön. Das ist so schön", sagt sie immer wieder. SPD-Urgestein Carsten Pörksen, der ähnlich wie die CDU-Spitzenkandidatin von der Nahe kommt, sagt: "Julia Klöckner muss darüber nachdenken, wie sie als Politikerin auftritt. Entweder ändert sie ihre Art, oder sie muss etwas anderes machen."

Etwa zur selben Zeit wie Dreyer tritt Klöckner im Mainzer Schloss vor ihre Parteifreunde. Eigentlich wollte die CDU dort eine große Wahlparty feiern. Als die Fotografen ihre Kameras klicken lassen, beginnen "Julia, Julia"-Sprechchöre. Es ist der Moment, in dem die herbe Niederlage zu sacken beginnt.

"Zuerst möchte ich mich bedanken", sagt Klöckner. Seit den ersten Prognosen sind knapp 45 Minuten vergangen, eine schier endlose Zeit der Schockstarre. Die Anhänger im Saal haben auf ihre Spitzenkandidatin gewartet, um von ihr zu hören, wie das alles sein kann. "Wir waren geschlossen wie noch nie", ruft Klöckner stattdessen. Hinter ihr stehen die wichtigsten Köpfe dieses Wahlkampfs, die Abgeordneten, das Kompetenzteam. Klöckner will ihnen allen Energie geben, um diese Hochrechnungen zu verkraften.

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Foto: dpa, tba

Fraktionschef Hans-Josef Bracht versucht, die positiven Fakten der Wahl herauszustellen: "Wir haben viel an Positionspapieren gearbeitet und in der gesamten Legislaturperiode geschuftet wie verrückt." Aber am Ende bleibt ein dumpfes Unwohlsein. "Wir hatten zumindest gedacht, stärkste Fraktion zu sein", sagt Bracht. Es ist ein Satz, der an diesem Abend permanent wiederholt wird. Landesvize Christian Baldauf ist sich sicher: "Vier, fünf Monate später, wenn in der Flüchtlingssituation vieles bereinigt wäre, sähe das Ergebnis anders aus."

Von der Flüchtlingskrise profitiert der große Gewinner des Abends: die AfD. Sie hat eine Gaststätte im Mainzer Vorort Weisenau für ihre Wahlparty gewählt; die kleine Gasse ist weiträumig abgesperrt, Dutzende Polizisten kontrollieren jeden, der zur Party will. Lang hat man den Ort geheim gehalten, da man mit größeren Gegendemonstrationen rechnete - das war, wie sich am Abend herausstellt, unbegründet. Einer von denen, die bei der Party gern gesehen sind, ist Werner Jäger. Der Unternehmer aus dem Kreis Birkenfeld ist voller positiver Erwartung nach Mainz gekommen. Er sei, so erzählt er, bis vor Kurzem nie politisch aktiv gewesen. Dann wurde er Parteimitglied bei der AfD. Seine Beweggründe? "Unzufriedenheit mit dem ganzen Gefüge hier in unserem Staat, mit der Politik der etablierten Parteien. Ich wollte wenigstens den Versuch machen, zu retten, was zu retten ist." Mit dem Ergebnis zeigt er sich zufrieden, auch wenn er bis zu 15 Prozent erwartet hatte.

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Foto: dpa, kno lof

Und die künftige Regierung? "Wie die Regierung gebildet wird, ist noch nicht klar", sagt CDU-Spitzenkandidatin Klöckner. "Wir sind wach, wir sind dabei, und wir werden sehen, was dabei herauskommt." Ob sie sich aus der Landespolitik verabschiedet, lässt sie offen. Dreyer findet später an diesem Abend ebenso wie der SPD-Landesvorsitzende Lewentz freundliche Worte für die FDP, mit der die Sozialdemokraten vielleicht ein Bündnis schmieden müssen. Zu einer großen Koalition äußert sie sich deutlich distanzierter. Aber der SPD ist noch nicht nach Politik zumute. "Jetzt feiern wir erst mal", sagt Dreyer. Da ist allerdings die Fete längst voll im Gange.

(RP)
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