Asylbewerber-Zahlen Ministerin Schwesig: Jetzt kommen die Frauen und Kinder der Flüchtlinge nach

Berlin · Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig rechnet damit, dass den in Deutschland angekommenen Flüchtlingen "sehr viele" Frauen und Kinder folgen werden. Brandenburgs Ministerpräsident Woidke rief Kanzlerin Merkel wegen der hohen Flüchtlingszahl zum Gegensteuern auf.

 Unterkunft für Flüchtlinge (in Frankfurt/Oder): Größte Herausforderung seit der Nachkriegszeit

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Foto: dpa

Wieviele Asylbewerber werden im Laufe des Jahres 2015 nach Deutschland kommen? 800.000, wie es bisher hieß - oder doch bis zu 1,5 Millionen, wie zuletzt spekuliert wurde? Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) hat nun jenen Argumente geliefert, die die Zahl eher höher ansetzen: Sie erwartet, dass den in Deutschland eingetroffenen Flüchtlingen zahlreiche Angehörige folgen werden.

"Wir rechnen damit, dass sehr viele Frauen und Kinder nachkommen", sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Schwesig forderte, bei allen Maßnahmen zum Schutz, zur Versorgung und zur Integration müssten Frauen und Kinder Vorrang haben. Es sei zudem "unabdingbar, dass das Thema der Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein Schwerpunkt ist in den Integrationskursen".

Zu Wochenbeginn hatten Spekulationen über bis zu 1,5 Millionen Asylbewerber in diesem Jahr für Wirbel gesorgt. Politiker von Union und SPD verschärften daraufhin Warnungen vor einer Überforderung Deutschlands.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) unterdessen zum Handeln auf: "Die Kanzlerin muss Wege aufzeigen, um die hohen Flüchtlingszahlen zu verringern", sagte er unserer Redaktion. Das Asylrecht kenne zwar keine Obergrenzen. "Bei der Belastbarkeit der Länder und Kommunen gibt es aber faktische Grenzen, und denen nähern wir uns rasant." Ähnlich kritisch hatte sich zuvor unter anderem CSU-Chef Horst Seehofer geäußert

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) stellte sich hingegen hinter Merkels Kurs: "Wir schaffen das, wenn wir jetzt im Angesicht der Größe der Aufgabe nicht kleinmütig werden, sondern unsere Offenheit verteidigen", sagte die Ministerin der "Bild"-Zeitung. Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) äußerte sich in der Zeitung optimistisch: "Wir schaffen das, wenn wir Integration fördern, aber auch fordern - und auch an die deutsche Gesellschaft denken und niemandem das Gefühl geben, er würde von der Politik vergessen."

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Unions-Fraktionschef Volker Kauder wies unterdessen SPD-Forderungen nach Zuzugsschranken für Flüchtlinge zurück. Es sei "nicht überzeugend, die CSU zu kritisieren und sie dann rechts überholen zu wollen", sagte der CDU-Politiker der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Regierung und die sie tragenden Fraktionen Union und SPD müssten handeln, statt öffentlich Forderungen zu stellen. "Davon, dass wir uns gegenseitig immer nur vorhalten, wie schlimm alles ist, wird es nicht besser."

Kauder sieht im gegenwärtigen Flüchtlingsansturm die größte Herausforderung seit der Nachkriegszeit. Die erst kürzlich angehobene Schätzung von 800.000 Asylbewerbern für dieses Jahr lasse sich vermutlich nicht halten.

Das Bundesinnenministerium hatte zuvor einen Medienbericht über eine neue Schätzung von bis zu 1,5 Millionen Flüchtlingen in Deutschland in diesem Jahr als zweifelhaft eingestuft. Man könne auf Basis der großen Anzahl an Neuankömmlingen im September keine Hochrechnungen anstellen, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin. "Wir gehen noch davon aus, dass die Wintermonate dazu führen werden, dass sich der Migrationsdruck verringern wird."

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Die "Bild"-Zeitung hatte gemeldet, in einer internen Prognose einer nicht näher benannten Behörde sei von bis zu 1,5 Millionen Asylbewerbern im laufenden Jahr die Rede. Die offizielle Prognose ging zuletzt von 800.000 aus. Grünen-Chef Cem Özdemir warnte vor Spekulationen mit immer höheren Flüchtlingszahlen in Deutschland.

Die Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rechnet indes in den kommenden zwölf Monaten mit bundesweit rund 300.000 zusätzlichen Flüchtlingskindern im Schulalter. "Um diesen ein qualitativ gutes Schulangebot zu machen, sind rund 25.000 Lehrkräfte zusätzlich notwendig", sagte die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dem mehr als 30 Zeitungen angehören.

(dpa/AFP)
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