Neuer Ärger in der Partei Marcus Pretzell nennt AfD-Mitglieder "Hirntote"

Dohna · Die Abwahl seiner Ehefrau Frauke Petry in Sachsen ist gescheitert - trotzdem wütet der AfD-Landeschef Marcus Pretzell gegen Parteifreunde. Das löst Zorn aus.

 "Was kann die Zwergenfraktion eigentlich überhaupt?": Marcus Pretzell.

"Was kann die Zwergenfraktion eigentlich überhaupt?": Marcus Pretzell.

Foto: dpa, fg vge

Der große Bruch bleibt aus - so schien es am Sonntag im sächsischen Dohna, auf dem Parteitag des AfD-Kreisverbands Sächsische Schweiz-Osterzgebirge, im Heimatwahlkreis von Bundeschefin Frauke Petry. Teile der Basis des Kreisverbands hatten Petrys Direktkandidatur für die Bundestagswahl verhindern wollen; der Abwahlantrag scheiterte allerdings mit 33 zu 19 Stimmen. 63 Prozent der Mitglieder stehen also hinter ihrer Kandidatin.

Doch was Petrys Ehemann, der Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen AfD und Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Marcus Pretzell, anschließend äußerte, empört viele AfD-Mitglieder. In einer privaten Facebook-Diskussion, deren Screenshots unserer Redaktion vorliegen, wird Pretzell ausfallend.

"Was kann die Zwergenfraktion eigentlich überhaupt?", schreibt Pretzell unter einem Beitrag des stellvertretenden Landesvorsitzenden der AfD Sachsen, Thomas Hartung, der die Nachricht des gescheiterten Antrags verbreitet. Mit "Zwergenfraktion" nimmt Pretzell womöglich auch Bezug auf den Vorsitzenden des Kreisverbands, Jan Zwerg. Dessen Frau, Daniela Zwerg, antwortet: "Oh, wer wird denn persönlich? Herr Pretzell, ist das Ihr Verständnis von Demokratie?" Pretzell, der auf die 19 Gegenstimmen anspielt, darauf: "Ich zähle aktuell 18 Hirntote und ein Steroidopfer. Das schrumpft halt nicht nur die Hoden, sondern auch das Hirn." Steroide werden als Dopingmittel verwendet. Auf das Niveau wolle sie sich nicht herablassen, entgegnet Zwerg und erhält Unterstützung einiger Kommentatoren. Marcus Pretzell aber legt nach: "Heult leise", kommentiert er, und: "Schwächlinge ekeln mich."

Auch Petry schaltet sich ein

Während viele - offenbar Parteimitglieder - Entsetzen und Unverständnis äußern, kommentiert auch Frauke Petry selbst den Beitrag: "Wenn die Zwergenfraktion, die Absprachen bricht, die eigene Kandidatin verleumdet und den Wahlkampf selbst ad absurdum führt, für Sie anständig ist, praktizieren Sie diese ,Anständigkeit' am besten für eine andere Partei", entgegnet sie einem Parteikollegen oder Sympathisanten, der die "Zwergenfraktion" zuvor als "anständige, durchaus auch kritisch hinterfragende Truppe" verteidigt hat.

Frauke Petry war selbst nicht auf dem Kreisparteitag in Sachsen anwesend. Nach Angaben von AfD-Mitgliedern in Nordrhein-Westfalen soll sie mit ihrem Ehemann am Sonntag auf dem Sommerfest des nordrhein-westfälischen Landesverbands in Moers gewesen sein. Weder Marcus Pretzell noch Frauke Petry noch die AfD selbst wollten sich auf Nachfrage zu dem Vorgang äußern. Während die Screenshots durch parteiinterne Kreise ziehen, hatte sich die AfD Sächsische Schweiz-Osterzgebirge noch auf dem Kreisparteitag am Sonntag zu einer Stellungnahme entschlossen, die sie auf der Videoplattform Youtube veröffentlichte.

"Ist das Teil des Wahlkampfs?"

Viele hätten geahnt, dass "Frauke" die richtige Kandidatin sei, heißt es darin, aber seit sie "mit einem gewissen Herrn Pretzell" zusammen sei, habe sie sich um 180 Grad gedreht. Es folgen sämtliche Zitate aus der Facebook-Debatte. "Uns als Hirntote zu bezeichnen, kann nicht der richtige Weg sein", sagt der Sprecher. Was Pretzell geschrieben habe, sei ein direkter Angriff auf den Kreisverband und dürfe so nicht stehenbleiben. Unter dem Video empören sich wieder viele. "Ist das Teil des Wahlkampfs?", fragt einer, und jemand antwortet: "Ja, wahrscheinlich für Merkel & Co."

Auch innerhalb der nordrhein-westfälischen AfD regt sich Widerstand. Unter dem Titel "Nicht mein Landesvorsitzender" veröffentlicht die "Mitglieder-Initiative Forum der AfD in NRW" einen offenen Brief an den Bundesvorstand. "Wann greifen Sie endlich ein und gehen gegen diese vorsätzliche, wiederholte Parteischädigung vor?", heißt es darin. Dass Marcus Pretzell "sowohl charakterlich als auch als Repräsentant unserer Partei völlig ungeeignet" sei, "dürfte zweifelsfrei feststehen".

(jra)
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