Gespräch mit Marlene Mortler (CSU) Drogenbeauftragte: Kein Alkoholverkauf nach 22 Uhr

Düsseldorf · Die CSU-Politikerin Marlene Mortler will auch ein generelles Verbot der Tabakwerbung durchsetzen. Besondere Sorge gilt künstlichen Drogen.

 Marlene Mortler (CSU), die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, im Gespräch mit der Rheinischen Post.

Marlene Mortler (CSU), die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, im Gespräch mit der Rheinischen Post.

Foto: Endermann, Andreas

Alkohol- und Tabakkonsum schädigen die Gesundheit der Deutschen weit mehr als illegale Suchtstoffe wie Cannabis. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, die CSU-Abgeordnete Marlene Mortler, fordert deshalb im Interview mit unserer Redaktion ein "gesellschaftliches Umdenken im Umgang mit Alkohol". Es gebe 2,6 Millionen Kinder, die in einer suchtbelasteten Familie lebten. Von ihnen wohnten, so Mortler, rund 2,5 Millionen in Alkoholiker-Haushalten. "Das ist nicht hinnehmbar", meint die CSU-Politikerin.

Die Drogenbeauftragte hält es daher für einen "sehr guten Weg", ab 22 Uhr den Alkoholverkauf zu verbieten. "Ich würde eine Verkaufssperre unbedingt befürworten", sagt Mortler. In Baden-Württemberg habe sich diese Regelung bewährt. Sie würde "Jugendliche vor übermäßigem Konsum abhalten". Das sagen laut Mortler sowohl Polizei wie Rettungsdienste. Auch die Zahl der alkoholbedingten Delikte sei zurückgegangen. Für Regelungen des Verkaufs von Alkohol sind die Länder zuständig. Die Drogenbeauftragte kann nur Empfehlungen aussprechen.

Die oberste Kämpferin gegen den Drogenmissbrauch wehrt sich auch gegen den gesellschaftlichen Zwang zum Trinken: "Alkohol darf nicht zwingend als in der Gesellschaft dazugehörig angesehen werden", sagt die Drogenbeauftragte. Sie selbst würde in der Öffentlichkeit gerne auf ein alkoholfreies Bier zurückgreifen. "Andere tun das zunehmend auch."

Als wichtiges Feld für die Prävention sieht Mortler auch das Thema "Alkohol und Schwangerschaft". "Alkohol- und Tabakkonsum müssen während dieser Zeit absolut Tabu sein", fordert die Drogenbeauftragte. Derzeit kommen jedes Jahr 2000 schwer geschädigte Neugeborene auf die Welt, die lebenslang auf Hilfe angewiesen sind. "Ohne den Alkoholkonsum der Mutter wären sie gesund zur Welt gekommen", meint Mortler. Die CSU-Politikerin kündigt dafür neue Initiativen an. So werde sie Leitlinien entwickeln lassen, um die Aufklärung und Anwendung zu optimieren.

Große Probleme bereitet der Drogenbeauftragten zudem der stetig wachsende Konsum Neuer Psychoaktiver Substanzen, auch als "Legal Highs" bezeichnet. Sie werden häufig als Badesalze, Kräutermischungen, Lufterfrischer oder Pflanzendünger verkauft und sind damit vermeintlich legal, weil ihre Inhaltsstoffe nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Neue Einträge im Gesetz hätten meist nur zur Folge, dass ein neuer und damit vollkommen unbekannter Stoff auf dem Markt auftauche. In den Jahren 2012 und 2013 wurden Rekordzahlen von 73 beziehungsweise 81 erstmalig entdeckten Substanzen gemeldet. 2014 ging die Zahl leicht zurück, auf etwa eine neue Substanz pro Woche. "Es gibt einige Zahlen zum Konsum von derartigen Drogen, doch die entscheidende Dunkelziffer schätzen wir weitaus höher ein", sagt Mortler.

Die Stoffe werden maßgeblich im asiatischen Raum produziert. Zahlreiche Internetseiten sowie eine Vielzahl von Sicherstellungen deuteten darauf hin, dass sich im Fernen Osten eine Industrie entwickelt hat, die gezielt die westlichen Märkte mit Rauschsubstanzen beliefert, heißt es im aktuellen Drogen- und Suchtbericht.

"Das Ziel muss es daher sein, dass wir am Ende so schnell reagieren können, dass alle neuen Substanzen auf dem Markt automatisch illegal werden", erklärt Mortler. Im Detail geht es also um eine Verschärfung des Betäubungsmittelgesetzes. "Wir arbeiten an Gesetzesregelungen, mit denen Neue Psychoaktive Substanzen effektiver verboten werden können. Wir werden dies so schnell wie möglich im Bundestag verabschieden."

Ab 2016 soll es zudem ein umfassendes Verbot von Tabakwerbung geben, so Mortler. Konkret sollen künftig Plakat-Außenwerbung sowie Kinowerbung verschwinden. "Deutschland hat im Zuge der Tabakrahmen-Konvention vor vielen Jahren unterschrieben, dass wir die Tabakwerbung einstellen. Neben Bulgarien - das für mich in diesem Bereich kein Maßstab ist - sind wir das letzte EU-Land, das diese Regelung noch nicht umgesetzt hat", kritisiert Mortler. In Deutschland raucht derzeit noch knapp jeder Vierte, wobei der Konsum in allen Altersklassen leicht rückläufig ist. Bei den Frauen geht er allerdings langsamer zurück als bei Männern.

(RP)
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