SPD-Chef unter Druck Martin Schulz verzichtet auf Posten als Außenminister

Berlin · Der Druck wurde zu groß: Der scheidende SPD-Chef Martin Schulz verzichtet auf den Posten als Außenminister in einer möglichen großen Koalition. Parteifreunde begrüßen den Schritt.

 Martin Schulz (Archiv).

Martin Schulz (Archiv).

Foto: afp

Martin Schulz begründete seinen Verzicht mit dem bevorstehenden SPD-Mitgliederentscheid über eine mögliche große Koalition mit CDU und CSU. "Durch die Diskussion um meine Person sehe ich ein erfolgreiches Votum (...) gefährdet", teilte Schulz am Freitag mit. "Daher erkläre ich hiermit meinen Verzicht auf den Eintritt in die Bundesregierung und hoffe gleichzeitig inständig, dass damit die Personaldebatten innerhalb der SPD beendet sind."

Auf der Facebook-Seite von Schulz ist das komplette Statement nachzulesen:

"Mike muss mit Schulz reden!"

Das Aus für den Mann, der vor einem Jahr mit 100 Prozent der Delegiertenstimmen zum SPD-Vorsitzenden gewählt wurde, hatte sich am Donnerstagfrüh in einer Telefonschaltkonferenz des Landesvorstands der NRW-SPD und der NRW-Bundestagsabgeordneten abgezeichnet. Nahezu jeder Teilnehmer habe in seinen Äußerungen die Amtsübernahme durch Martin Schulz kritisiert, berichtet einer, der dabei war. "Wenn Schulz ins Kabinett geht, verlieren wir den Mitgliederentscheid", habe ein ranghohes Mitglied der NRW-SPD gesagt. Der Vorsitzende Michael Groschek hatte die Personalie hernach ebenfalls kritisiert. Der Auftrag aus der Runde sei klar gewesen. "Mike muss mit Schulz reden!" Später gab es noch eine weitere Runde mit den Unterbezirksvorständen der SPD in Nordrhein-Westfalen. Dort der gleiche Tenor: Schulz könne nicht ins Kabinett gehen. Die Unmutsäußerungen aus der Sitzung sollen später Schulz gleich mehrfach erreicht haben.

Am Freitagmorgen wuchs der Druck auf Schulz weiter. Sigmar Gabriel attackierte seinen einstigen Freund schwer und hielt ihm indirekt Wortbruch vor. Die "Bild"-Zeitung berichtete, es gebe aus der SPD-Führung ein Ultimatum an Schulz, bis Freitagnachmittag auf das Außenamt zu verzichten. Am Mittag berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) unter Berufung auf SPD-Kreise, dass Schulz seinen Verzicht ankündigen werde. Auch die "Süddeutsche Zeitung" meldete den Vorgang und berief sich ebenfalls auf SPD-Kreise.

Am Freitagnachmittag ließ Schulz dann mitteilen: "Wir machen alle Politik für die Menschen in diesem Land. Dazu gehört, dass meine persönlichen Ambitionen hinter den Interessen der Partei zurückstehen müssen."

Dazu sagte die geschäftsführende Bundesumweltministerin Barbara Hendricks unserer Redaktion: Sie habe "allerhöchsten Respekt" vor der Entscheidung von Martin Schulz. "Es zeugt von der höchsten politischen Tugend, nämlich persönliche Interessen hinter denen des Landes zurückzustellen", sagte Hendricks. Die Partei forderte sie auf, das letzte Jahr "genau und ehrlich aufzuarbeiten: den Wahlkampf, die Aufstellung innerhalb der Partei und auch die Art und Weise des Umgangs miteinander". Es wäre falsch, dass Ergebnis der Bundestagswahl und den Schlingerkurs der SPD nach dem Abbruch der Jamaika-Verhandlungen "nur einer Person in die Schuhe zu schieben".

Auch die geschäftsführende Bundesarbeits- und Familienministerin, Katarina Barley (SPD), begrüßte den Verzicht von Schulz. "Ich habe Respekt vor der Entscheidung von Martin Schulz. Das zeugt von persönlicher Stärke", sagte Barley unserer Redaktion. "Sein Schritt, nicht ins Kabinett einzutreten, ist angesichts der massiven Kritik folgerichtig", sagte Barley weiter. "Ich danke ihm, dass er in einer schweren Zeit für die SPD Verantwortung übernommen hat. Außerdem bin ich froh, dass wir jetzt wieder über politische Inhalte sprechen können und über die Dinge, die wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt haben."

(jd, brö)
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