SPD-Treffen in Düsseldorf Schulz und Groschek optimistisch - "Wir schaffen das"

Düsseldorf · SPD-Chef Martin Schulz wirbt in Düsseldorf für Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU. Allerdings sind viele NRW-Genossen skeptisch. Einige überlegen deshalb, wie sie den Groko-Gegnern eine Brücke bauen können.

 Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz (l.) und der Vorsitzende des SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen, Michael Groschek, in Düsseldorf.

Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz (l.) und der Vorsitzende des SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen, Michael Groschek, in Düsseldorf.

Foto: dpa, ve

Die SPD-Spitze kämpft an der skeptischen Parteibasis um Zustimmung zu einer Neuauflage der Koalition mit CDU und CSU. SPD-Chef Martin Schulz appellierte am Dienstag eindringlich an seine Partei, beim Sonderparteitag am Sonntag den Weg für förmliche Koalitionsverhandlungen frei zu machen.

Nach einer dreieinhalbstündigen Diskussion mit mehr als 65 Parteitagsdelegierten in Düsseldorf sagte er am Abend, die Debatte sei intensiv, emotional und auch kontrovers verlaufen. Er habe ähnlich wie in Dortmund am Vortag viel Nachdenklichkeit am Ende der Diskussion gespürt. "Das lässt mich hoffen, dass wir in großer Geschlossenheit auf dem Parteitag mit einem Mandat ausgestattet werden, in diese Koalitionsverhandlungen einzutreten."

Union und SPD hatten am Freitag die Ergebnisse ihrer Sondierungsgespräche vorgestellt. Am Sonntag soll ein SPD-Bundesparteitag in Bonn entscheiden, ob die SPD in Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU einsteigt oder nicht.

"Die Welt schaut auf Bonn"

Auch der nordrhein-westfälische Parteivorsitzende Michael Groschek gab eine optimistische Prognose für den Parteitag ab: "Ich glaube, es wird eine überzeugte Mehrheit geben", sagte er. Es müsse bis dahin noch viel Arbeit geleistet werden. "Aber wir schaffen das." Die Zustimmung der SPD in NRW ist besonders wichtig: Knapp ein Viertel der Parteitagsdelegierten kommt aus diesem Bundesland. Das Treffen in Düsseldorf wurde begleitet von lautstarken Protesten der Jusos.

Auch andernorts ist die Skepsis gegenüber einer weiteren großen Koalition groß. In mehreren, allerdings kleineren Landesverbänden war Koalitionsverhandlungen eine Absage erteilt worden - entweder vom Parteivorstand wie in der Berliner SPD oder auf Parteitagen wie in Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die SPD hatte nach ihrem Wahldebakel angekündigt, in die Opposition zu gehen. Nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen Union, FDP und Grünen und Mahnungen des Bundespräsidenten hatte sich die SPD aber doch dazu entschlossen, mit der Union über eine mögliche neue große Koalition zu sondieren.

Ex-Parteichef Sigmar Gabriel sagte der "Bild"-Zeitung, nicht nur Europa schaue gebannt auf den SPD-Parteitag, sondern viele Menschen weit darüber hinaus. "Die Welt schaut deshalb wirklich auf Bonn am kommenden Sonntag." Weltweit sei die Hoffnung groß, dass die SPD dafür sorge, dass Deutschland endlich Frankreich die Hand reiche zur Erneuerung und Stärkung Europas.

In der NRW-SPD waren am Dienstag die Stimmen lauter geworden, die ein Nachverhandeln der Sondierungsergebnisse fordern. Das erfuhr unsere Redaktion aus Parteikreisen nach einer Sitzung der Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Demnach sollen Punkte nachgebessert werden, die von Groko-Skeptikern kritisiert werden, etwa die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen. Ähnliche Überlegungen gebe es auch in Hessen.

In der Partei wurde dies als ein Weg gesehen, den Kritikern einer großen Koalition eine Brücke zu bauen. Dabei werde es aber nicht um grundsätzliche Neuerungen gehen können. "Wir wollen uns auf dem Parteitag nicht mit unrealistischen Forderungen wie der plötzlichen Einführung einer Bürgerversicherung ein 'Ja‘ erkaufen", hieß es in Parteikreisen. Aber auch während des letzten Parteitages habe die NRW-SPD ja einen Kompromiss gefunden, um Skeptiker einzubinden. Damals hatte die Partei sich darauf geeinigt, dass ein Sonderparteitag über Koalitionsverhandlungen beschließen solle — statt eines Parteikonvents.

SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles warnte vor falschen Hoffnungen auf größere Nachbesserungen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Position der Union über Nacht wirklich auflöst." Trotzdem werde man in möglichen Koalitionsverhandlungen "gucken was noch geht".

Nach der Sitzung der NRW-Landtagsfraktion hieß es, unter den Wortmeldungen hätten die kritischen Stimmen überwogen. "Die Fraktion ist nach wie vor sehr skeptisch", sagte ein Teilnehmer. Nach einleitenden Worten von Fraktionschef Norbert Römer und SPD-Landeschef Michael Groschek habe es mehr als ein halbes Dutzend überwiegend kritische Debattenbeiträge in Folge gegeben.

Vor allem die Sondierungsergebnisse zur Familien- und zur Sozialpolitik seien kritisiert worden. In den positiven Wortbeiträgen hätten Fraktionsmitglieder dagegen die Vereinbarungen zur Pflege und zum sozialen Arbeitsmarkt hervorgehoben. Auch sei an die gesellschaftspolitische Verantwortung der Partei appelliert worden.

Die Parteispitze habe zudem darauf geachtet, dass bei den Mitgliedern nicht der Eindruck entstand, sie würden in ihrer Entscheidung unter Druck gesetzt. Auffällig sei, so berichtete ein Parteimitglied, dass sich in den bisherigen Besprechungen die Bundestagsabgeordneten tendenziell eher für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen aussprechen würden.

(kib)
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