Hürden bei Technik und Finanzierung Mega-Windparks sollen Energieprobleme lösen

Hamburg/Berlin (RPO). Das Bundeskabinett hat die Weichen für den groß angekündigten Bau von 40 Offshore-Windparks gestellt. Verkehrsminister Tiefensee hofft auf 30.000 neue Jobs und mehr Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. Doch es gibt Fallstricke: Die Technologie ist teuer, wartungsintensiv und muss subventioniert werden. Außerdem muss die Wirtschaft mitspielen.

Wolfgang Tiefensee: Der Teflon-Minister
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Hamburg/Berlin (RPO). Das Bundeskabinett hat die Weichen für den groß angekündigten Bau von 40 Offshore-Windparks gestellt. Verkehrsminister Tiefensee hofft auf 30.000 neue Jobs und mehr Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern. Doch es gibt Fallstricke: Die Technologie ist teuer, wartungsintensiv und muss subventioniert werden. Außerdem muss die Wirtschaft mitspielen.

In Deutschland ist eine neue Energie-Debatte im Gange: Zuerst sorgte die Desertec-Initiative mit der Vision vom Wüstenstrom für Schlagzeilen. Erst in der letzten Woche präsentierte der Ökostrom-Anbieter Lichtblick zusammen mit dem Autohersteller VW das Konzept von 100.000 Kleinkraftwerken für Daheim. Jetzt hat das Bundeskabinett die Pläne für 40 Offshore-Windparks in Nordsee und Ostsee durchgewunken.

Die Politik setzt große Hoffnungen in das Projekt, das gar nicht neu ist, sondern bereits unter der rot-grünen Bundesregierung angestoßen wurde. Der federführende Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) kündigte im "Hamburger Abendblatt" die Entstehung von 30.000 Arbeitsplätzen an. Der Bau von rund 2500 Windrädern auf See ist nach Ministeriumsangaben bereits genehmigt oder beantragt. Tiefensee hat eine entsprechende Verordnung über die Windpark-Gebiete dem Kabinett vorgelegt, das die Pläne abgenickt hat.

Energie für 8,3 Millionen Haushalte

Nach Ministeriumsangaben sollen die Anlagen nach bisherigem Planungsstand in deutschen Gewässern jenseits der Zwölf-Meilen-Küstenlinie entstehen und zusammen mehr als 12.000 Megawatt Windenergie erzeugen. "Damit kommen wir unserem Ziel näher, bis zum Jahr 2030 bis zu 25.000 Megawatt über Offshore zu erbringen", sagte Tiefensee. Derzeit sind nach Ministeriumsangaben 25 Windparks, davon 22 in der Nordsee, genehmigt. 15 weitere Projekte sind bereits beantragt.

Mit den nun vorgelegten Vorhaben könnten allein aus der Nordsee 6,8 Millionen Haushalte zusätzlich mit Strom versorgt werden, hieß es weiter. Im Herbst folge dann eine Ausweitung der Flächen in der Ostsee, durch die sich Potenzial für weitere 1,5 Millionen Haushalte ergebe. So werden den Angaben zufolge die Konflikte auf dem Meer zwischen der Offshore-Windenergienutzung, dem Umweltschutz und der Schifffahrt bereits frühzeitig abgestimmt.

Technische Fallstricke

Allerdings gibt es einige technische Probleme, die vor der massenhaften Anwendung der Technologie gelöst werden müssen. Die Windräder können vor allem aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht in Küstennähe gebaut werden. Die Touristen auf Borkum werden also nicht um den Ausblick vom Strand fürchten müssen. Offshore bedeutet in diesem Fall nämlich auf hoher See, bis zu 100 Kilometer vor der Küste, in Wassertiefen von bis zu 40 Metern. Der Transport des Stroms aus dem Meer an Land erfolgt über Kabel. Mit dem Projekt wird in diesem Umfang technisches Neuland betreten - einen großen Pilotversuch gibt es noch nicht.

Außerdem ist sind viele finanzielle Fragen offen. Zum Aufbau der dazu nötigen Offshore-Anlagen würden 57 Milliarden Euro benötigt, weitere 20 Milliarden bis 30 Milliarden kämen für den Transport des Stroms an Land und für die Verknüpfung der innereuropäischen Stromnetze hinzu. Vor allem die großen Energiekonzerne, die den Markt unter sich aufgeteilt haben, können solch große Summen stemmen und so ihre Position zementieren.

Finanzierung unklar

Doch die Finanzierung ist kein Selbstläufer. Christian Kjaer, Chef der Europäischen Windenergie-Vereinigung (EWEA) erklärte, potenzielle Investoren bräuchten deutliche Signale vonseiten der EU-Regierungen, um die Branche voranzutreiben. Geldgeber seien zu Investitionen in den Windenergiesektor bereit. Sie wollten aber die Sicherheit, dass Windparks die nötige Unterstützung erhielten, um Strom ins Elektrizitätsnetz einspeisen zu können. Immerhin müssen regenerative Energien im Vergleich zur fossilen Konkurrenz über Einspeisevergütungen subventioniert werden.

Kjaer erklärte, für Offshore-Anlagen sei eine stärkere Unterstützung nötig. Allein zum Bau der Anlagen müssten Schiffe eingesetzt werden, die bis zu 250 Millionen Euro kosten. Außerdem würden Wartungsschiffe und Häfen für diese Schiffe gebraucht.

Fest steht jedoch, dass die Bundesregierung etwas tun muss. "Atomstrom ist nicht mehr zeitgemäß. Wir setzen auf moderne, zukunftsgerichtete und umweltfreundliche Alternativen", sagte Tiefensee am Mittwoch. Zunächst müssen jedoch die technischen und finanziellen Fragen geklärt werden. Der Kabinettsbeschluss ist nur eine Weichenstellung.

Mit Material von ddp und AP.

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