Interview mit Bildungsministerin Schavan "Mehr Wettbewerb für Hochschulen"

(RP). Im Interview mit unserer Redaktion ruft Bildungsministerin und CDU-Vize-Chefin Annette Schavan die Regierungsparteien auf, mit "Eifersüchteleien" aufzuhören. Außerdem will sie einen Wettbewerb für bessere Lehren an den Hochschulen ins Leben rufen.

 Forschungsministerin Schavan hat ein Experiment zur Düngung der Weltmeere erlaubt.

Forschungsministerin Schavan hat ein Experiment zur Düngung der Weltmeere erlaubt.

Foto: AP, AP

Wenn die Hartz-IV-Sätze nun neu berechnet werden, müssen dann auch Mittel für Bildung wie Hefte, Stifte, Klassenfahrten und Nachhhilfe einfließen?

Schavan Das Urteil ist ein klares Signal für mehr Bildungsgerechtigkeit. Da brauchen wir einen breiten Ansatz, zu dem auch die Finanzierung von Schulmaterialien gehört. Allerdings muss uns auch klar sein, dass das nicht nur Kinder aus Hartz-IV-Familien betrifft.

Ist Kindern aus armen Familien denn mit mehr Geld geholfen?

Schavan Geld alleine reicht nicht. Diese Kinder brauchen Erwachsene, die ihnen den Zugang zur Bildung verschaffen und sie dazu ermutigen. Bund und Länder dürfen jetzt keine Zeit mehr verstreichen lassen, um die richtigen Projekte zu vereinbaren, die im Koalitionsvertrag stehen, beispielsweise das Konzept der Bildungschecks.

Wie lässt sich das konkret machen?

Schavan Überall in Deutschland gibt es gute Voraussetzungen für lokale Bildungsbündnisse. Es sollen Angebote geschaffen werden, die über die Schule hinausgehen. Das können Musik, Sport, kulturelle Projekte oder individuelle Förderung sein.

Die Länder fordern aber mehr Steuermittel, statt die Projekte des Bundes umzusetzen.

Schavan Auf den Einwand habe ich gewartet. Dazu sage ich: Wenn wir so viel Kreativität in Bildungskonzepte stecken würden wie in den ewigen Streit um Steuern, dann wäre die Bildungsrepublik mit einem Schlag viel weiter.

Das heißt, sie fordern die Länder zu einer neuen Allianz für Bildung auf?

Schavan Ja. Wir brauchen eine breit angelegte Allianz für Bildung, in der sich Bund, Länder, Kommunen, Experten aus den Stiftungen und Kulturschaffende zusammensetzen.

Sollte auch das Geld, das zurzeit für das Schulstarter-Paket eingesetzt wird, in ein neues Bildungskonzept einfließen.

Schavan Das Verfassungsgericht hat festgestellt, dass die 100 Euro für das Schulstarter-Paket nicht transparent sind. Also kann es durchaus sein, dass diese Leistung künftig in eine bessere und gezieltere Hilfe fließt. Sie setzen sich für Institute für Islamkunde an deutschen Universitäten ein.

Wozu sind die nützlich?

Schavan Der Islam braucht wie auch die evangelische, die katholische und die jüdische Religion einen wissenschaftlichen Rahmen. Das können diese Institute leisten. Dort können auch Islam-Lehrer für die Schulen ausgebildet werden.

Wir werden an deutschen Regelschulen also künftig neben katholischem und evangelischem Religionsunterricht auch Islam-Unterricht haben?

Schavan Genau das. Das ist Teil moderner Integrationspolitik. Die Studenten sind immer noch unzufrieden mit der Bologna-Reform.

Sie fordern eine bessere Lehre an den Hochschulen. Zu Recht?

Schavan Wir müssen die Lehre an den Hochschulen verbessern. Ich will den Hochschulpakt um eine dritte Säule erweitern. Damit wird die Lehre verbessert.

Können Sie dafür auch mehr finanzielle Mittel anbieten?

Schavan Für eine dritte Säule beim Hochschulpakt wird es auch mehr Geld geben und das über zehn Jahre bis 2020. Über die Summe wird zu reden sein. Ich plane einen Wettbewerb um die beste Lehre. Der Bund ist bereit, die Hochschulen finanziell zu unterstützen, die gute neue Konzepte vorlegen. Die Universitäten brauchen das Signal, exzellente Lehre ist so wichtig und so anerkannt wie exzellente Forschung.

War der Vorstoß von Herrn Röttgen für einen beschleunigten Ausstieg aus der Atomenergie sinnvoll?

Schavan Sinnvoll ist der Satz in unserem Grundsatzprogramm, dass Atomenergie eine Brückentechnologie ist, sinnvoll ist auch der Satz, der im Koalitionsvertrag steht, dass wir den Durchbruch zu erneuerbaren Energien wollen. Dahinter steht ein wichtiges Zukunftsprojekt. Nicht sinnvoll ist es, den Eindruck zu erwecken, dies könne jetzt ganz rasch gehen. Ich glaube auch nicht, dass Norbert Röttgen diesen Eindruck erwecken wollte.

Wie finden Sie das Erscheinungsbild der Regierungskoalition?

Schavan Wir könnten unser Erscheinungsbild stark verbessern, wenn wir uns nicht mit Eifersüchteleien abgeben würden und so viel Leidenschaft, wie wir ins Steuerthema stecken, auch in andere Themen stecken würden. Ansonsten dürfen wir uns nicht wundern, dass die Resonanz in der Öffentlichkeit so ist wie sie ist.

Wer ist eigentlich schlimmer, die FDP oder die CSU?

Schavan Beide sind Freunde.

Das ist in der Politik kein Kompliment.

Schavan Wenn ich das sage, ist das sehr wohl ein Kompliment. Das schließt nicht aus, dass Freunde einem auch schon mal auf den Wecker gehen.

Das Interview führte Eva Quadbeck

(RP)
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