Umfrage für Ostbeauftragten Tiefensee Mehrheit der Ostdeutschen bewertet DDR positiv

Berlin (RPO). Mehr als die Hälfte der Ostdeutschen haben 20 Jahre nach der Wende noch ein positives Bild von der DDR. 57 Prozent von ihnen sagten in einer Emnid-Umfrage, die DDR habe mehr gute als schlechte Seiten gehabt und man habe dort gut leben können.

 Wolfgang Tiefensee will der Bahn mit zusätzlichen Millionen helfen.

Wolfgang Tiefensee will der Bahn mit zusätzlichen Millionen helfen.

Foto: AP, AP

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Tiefensee, forderte deshalb am Freitag mehr Aufklärung über die deutsch-deutsche Geschichte.

In der Umfrage unter 1.208 Bürgern in Ost und West sagten nur acht Prozent der Ostdeutschen, die DDR habe "ganz überwiegend schlechte Seiten" gehabt; weitere 32 Prozent stimmten der These zu, die DDR habe mehr schlechte als gute Seiten gehabt.

49 Prozent sagten dagegen, der sozialistische ostdeutsche Staat habe "mehr gute als schlechte Seiten" gehabt und mit den "paar Problemen" habe man gut leben können. Acht Prozent der Menschen aus den neuen Bundesländern sagten sogar, die DDR habe "ganz überwiegend gute Seiten" aufgewiesen und man sei dort "glücklicher" gewesen als heute.

Die Werte der befragten Westdeutschen fielen ganz anders aus. Insgesamt 78 Prozent von ihnen sagten, die DDR habe "ganz überwiegend" schlechte Seiten gehabt oder doch zumindest "mehr schlechte als gute Seiten".

Wirtschaftlicher Zusammenbruch

Praktisch einig waren die Menschen in Ost und West in der Einschätzung, dass die Proteste und Demonstrationen in der DDR ein "wichtiges Ereignis für die gesamtdeutsche Geschichte" gewesen sei. Das sagten insgesamt 82 Prozent. In der Rangliste, was zum Zusammenbruch der SED-Herrschaft geführt habe, kommen die Proteste aber nur an Platz drei: 21 Prozent der Ostdeutschen und 17 Prozent der Westdeutschen bezeichneten dies als den ausschlaggebenden Faktor.

Viel mehr - 37 Prozent im Osten und 34 Prozent im Westen - bewerteten den wirtschaftlichen Zusammenbruch der DDR als ausschlaggebend. An zweiter Stelle folgt die Politik Michail Gorbatschows sowie der Wandel in Polen und Ungarn (33 Prozent im Osten und 34 Prozent im Westen).

Tiefensee erklärte zu den Ergebnissen der von ihm in Auftrag gegebenen Umfrage, die einheitliche Bewertung der Ereignisse von 1989 in Ost und West sei erfreulich. "Die Ergebnisse zeigen uns aber auch, dass wir in der Aufarbeitung der DDR-Geschichte nicht nachlassen dürfen", meinte der ostdeutsche SPD-Politiker.

"Gefühl der Zweitklassigkeit"

Die Beurteilung der DDR habe viel zu tun mit der individuellen Situation heute. "Verunsicherung, das Gefühl der Zweitklassigkeit, enttäuschte Erwartungen in Bezug auf Arbeit und Einkommen prägen das Bild", meinte Tiefensee. "Hier müssen wir ansetzen. Wir brauchen einerseits das Wissen über die jüngste deutschdeutsche Geschichte, andererseits gilt es, weiter an der Vollendung der sozialen Einheit zu arbeiten."

Immerhin sagten in der Umfrage 51 Prozent der Ostdeutschen, die Hoffnung der Jahre 1989 und 1990 auf materiellen Wohlstand hätten sich erfüllt. Die Hoffnung auf Einfluss auf die Politik hat sich hingegen nur für 37 Prozent der Ostdeutschen erfüllt. 90 Prozent der Ostdeutschen sagten, die Hoffnung auf Freiheit, Meinungs-, Presse- und Reisefreiheit habe sich erfüllt.

(AP)
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