Nach "Prism"-Enthüllungen Merkel dringt auf globales Datenschutzabkommen

Berlin · Angesichts der Enthüllungen über das US-Überwachungsprogramm "Prism" dringt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ein globales Datenschutzabkommen. Deutschland prüfe eine Initiative, den UN-Pakt für bürgerliche und politische Rechte zu ergänzen, sagte Merkel am Wochenende.

Der frühere Chef des US-Geheimdiensts NSA, Michael Hayden, sagte derweil dem ZDF, die Geheimdienste Europas und der USA hätten bereits nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ihre Kooperation deutlich ausgeweitet.

Merkel sagte der "Welt am Sonntag", in einem Zusatzprotokoll zu dem UN-Pakt könnte ein Bekenntnis zu einem "zeitgemäßen und weitreichenden Datenschutz" verankert werden. Frühere Generationen hätten eine Menschenrechtscharta oder eine Welthandelsorganisation geschaffen. "Wir sollten auch im 21. Jahrhundert imstande sein, globale Vereinbarungen zu schließen."

Zugleich zeigte sich Merkel offen für eine Überarbeitung der europäischen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung und eine Verringerung der Speicherfristen auf drei Monate. Sie könne der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs nicht vorgreifen, aber "denkbar wäre das", sagte sie.

"Beihilfe geleistet"

Die geltende EU-Richtlinie sieht vor, dass Telefon- und Internetverbindungen auch ohne konkreten Anlass mindestens sechs Monate gespeichert werden, um Terroranschläge und schwere Straftaten zu verhindern. Ihre Umsetzung in Deutschland scheiterte in dieser Legislaturperiode aber am Widerstand der FDP.

Nach Ansicht der SPD sind bei den ausländischen Überwachungsprogrammen "alle Maßstäbe verloren gegangen". SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann und die Netzpolitik-Expertin Gesche Joost schrieben in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom Samstag, die Bundesrepublik müsse ihre "Souveränität darüber zurückgewinnen, was ausländische Nachrichtendienste auf deutschem Boden tun dürfen und was nicht."

Die beiden Mitglieder des SPD-Wahlkampfteams forderten: "International müssen wir ein Völkerrecht des Netzes entwickeln und durchsetzen."

Linken-Chefin Katja Kipping sagte im SWR an die Adresse der Bundesregierung: "Schwarz-Gelb wirkt nicht wie jemand, der Bürgerinnen und Bürger schützen möchte, sondern eher wie jemand, der Beihilfe geleistet hat."

Offensichtlich gebe es eine "deutsch-amerikanische Schnüffelkooperation". Es sei "vollkommen unvorstellbar, dass deutsche Behörden nichts davon gewusst haben".

Zusammenarbeit schon unter Rot-Grün?

Der frühere NSA-Chef Hayden sagte dem ZDF mit Blick auf die Kooperation der USA mit den europäischen Geheimdiensten: "Wir waren sehr offen zu unseren Freunden." Es habe kurz nach dem 11. September 2001 ein geheimes Treffen der US-Dienste mit den Chefs der europäischen Nachrichtendienste gegeben, bei dem die enge Zusammenarbeit vereinbart worden sei.

Es habe eine Art Pool-System gegeben, bei dem Informationen gebündelt wurden. Mit Blick auf Deutschland sagte er: "Dort fand, glaube ich, das Treffen statt."

Die USA hätten den europäischen Geheimdienstchefs dargelegt, wie die Bedrohung aussah, sagte Hayden dem ZDF am Rande eines Sicherheitsforums in Aspen im US-Bundesstaat Colorado. "Wir waren sehr klar darüber, was wir vorhatten in Bezug auf unsere Ziele, und wir baten sie um ihre Kooperation." Diese sei dann auch zugesagt worden.

Sollten die Äußerungen Haydens zutreffen, wäre die Kooperation der Nachrichtendienste schon in der Zeit der rot-grünen Bundesregierung ausgeweitet worden. Hayden war von 1999 bis 2005 NSA-Chef und von 2006 bis 2009 Direktor der CIA.

(AFP)
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