Eröffnung der Messe mit Wladimir Putin Merkel fordert "aktive Zivilgesellschaft"

Hannover · Die seit Tagen anhaltende Kritik an Russlands Vorgehen gegen zivile Einrichtungen überschattet die Hannover Messe beim offiziellen Startschuss. Kanzlerin Merkel macht klar: Wirtschaft und Wohlstand brauchen eine offene Gesellschaft.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist bei der gemeinsamen Eröffnung der Hannover Messe mit Russlands Präsident Wladimir Putin nicht vor einem brisanten Thema zurückgeschreckt: In ihrer Rede sprach die deutsche Regierungschefin das jüngste russische Vorgehen gegen zivile Einrichtungen an, indem sie auf die Bedeutung einer offenen Gesellschaft hinwies. Damit überschatten die aktuellen Verstimmungen im deutsch-russischen Verhältnis die wirtschaftlichen Aspekte der weltgrößten Industrieschau, deren Partnerland Russland dieses Jahr ist.

Für wirtschaftlichen Wohlstand sei eine offene Atmosphäre in einer möglichst pluralistischen Gesellschaft unerlässlich, betonte Merkel. "Wir sind der Überzeugung, dies gelingt dann am besten, wenn es eine aktive Zivilgesellschaft gibt", sagte sie am Abend in der Stadthalle der niedersächsischen Landeshauptstadt.

Razzien bei zivilen Einrichtungen

In Russland hatten jüngst Razzien bei zivilen Einrichtungen auch deutsche Organisationen getroffen, darunter die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Hintergrund ist ein neues Gesetz, wonach sich Einrichtungen in Russland, die Geld aus dem Ausland erhalten, als "Agenten" registrieren lassen müssen.

Merkel hatte das Vorgehen der Behörden bereits vor der Messe-Eröffnung mit Putin am Telefon erörtert und weiteren Gesprächsbedarf für Hannover angekündigt. Putin wird seit längerem vorgeworfen, Menschenrechte zu verletzen und die weitere Entwicklung der Demokratie in seinem Land zu blockieren.

Merkel betonte in ihrer Rede: "Wir müssen diese Diskussion intensivieren, unsere gegenseitigen Vorstellungen weiterentwickeln und auch den Nichtregierungsorganisationen, auch den vielen Vereinigungen, die wir aus Deutschland immer wieder als Innovationsmotoren kennen, in Russland eine gute Chance geben."

Putin selber ging auf das Thema in Hannover nicht ein. Er konzentrierte sich in seiner Rede ganz auf die Aspekte der Messe, die bei Merkel erst am Schluss in den Vordergrund traten. Putin versprach, sich für den konsequenten Ausbau der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen starkzumachen. "Die Welt- und Europawirtschaften bleiben leider sehr fragil", sagte er. Umso wichtiger sei eine Intensivierung des Austausches der beiden Länder.

Starker Impuls für Zusammenarbeit

"Ich bin zuversichtlich, dass Russland einen starken Impuls setzt für die Zusammenarbeit", meinte Putin mit Blick auf die Messe, wo Russlands Industrie mit 176 Ausstellern ihren bisher stärksten Auslandsauftritt organisiert. Schon im Vorfeld hatte Moskau für die Messe gewichtige Vertragsabschlüsse angekündigt.

Vor der Stadthalle hatten zahlreiche Demonstranten auf Putins Ankunft gewartet. Sie wollten unter anderem auf die ihrer Meinung nach eklatanten Demokratie-Defizite in Russland hinweisen. Die Polizei sprach von etwa 350 Teilnehmern.

Merkel und Putin werden am Montag zu einem Messe-Rundgang erwartet. Zuvor wollen wie in Hannover am Maschsee einen Kranz für Opfer der Naziherrschaft niederlegen.

(dpa/sgo/csr)
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