Auftakt der Lateinamerika-Reise Merkel fordert Schutz des Regenwaldes

Brasilia (RPO). Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zum Auftakt ihrer Lateinamerika-Reise Brasilien aufgefordert, beim Anbau von Biokraftstoffen den Schutz des Regenwaldes nicht zu vernachlässigen. Gleichzeitig mahnte sie die internationale Gemeinschaft, zu ihren finanziellen Hilfen zum Schutz des Amazonasgebietes zu stehen.

"Biokraftstoffe sind ein Weg zum Ersatz von klassischen fossilen Energieträgern, aber nur, wenn sie nachhaltig angebaut werden", sagte sie am Mittwoch zum Auftakt ihrer einwöchigen Lateinamerika-Reise in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia.

Der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva versicherte Merkel, dass bei der Produktion von Biokraftstoffen der Umweltschutz und die Einhaltung sozialer Standards berücksichtigt würden. "Der Schutz Amazoniens ist eine legitime Sorge der internationalen Gemeinschaft", sagte er. "Ich kann ihnen aber versichern, dass niemandem diese Frage teurer und wichtiger ist als uns Brasilianern."

In Anwesenheit der beiden wurde ein Abkommen unterzeichnet, das eine gemeinsame Arbeitsgruppe zum Anbau von Biokraftstoffen vorsieht. Sie soll dem Informationsaustausch über Handelsfragen, Normen, Zertifizierungen, ökologischen und sozialen Aspekten dienen. Konkrete Verpflichtungen enthält die Vereinbarung aber nicht.

Weiter massive Rodungen

Brasilien ist der weltweit größte Produzent von Agrartreibstoff und will den aus Zuckerrohr gewonnenen Benzin-Ersatz Ethanol in großem Stil auch nach Europa exportieren. Kritiker befürchten, dass das Zuckerrohr Soja-Bauern und Viehzüchter verdrängt.

Damit wiederum könnte der Druck wachsen, die Rodungen des Regenwaldes zur Gewinnung von Ackerflächen voranzutreiben. Nach offiziellen Angaben wurde für Sojaanbau oder Rinderzucht allein in der zweiten Jahreshälfte 2007 eine Waldfläche vernichtet, die größer als das Saarland ist.

Vor ihrem Treffen mit dem Präsidenten wurde Merkel zudem auf die soziale Situation der Erntehelfer aufmerksam gemacht. An einem Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft nahmen der Chef der brasilianischen Landarbeitergewerkschaft und der Generalsekretär der Bischofskonferenz teil, die beide die Arbeitsbedingungen auf den Zuckerrohr-Plantagen scharf kritisieren.

Merkel pochte auf soziale und ökologische Standards bei der Biokraftstoff-Produktion. Der Rücktritt der brasilianischen Umweltministerin Marina Silva sei ein "Warnzeichen", dass hier noch einiges zu tun sei. "Wir wollen das partnerschaftlich tun, nicht bevormundend", betonte Merkel. Silva hatte am Dienstag überraschend ihren Rücktritt erklärt, weil sie ihre umweltpolitischen Ziele nicht für realisierbar hielt.

Lula: Merkel und Chavez werden sich vertragen

Auf die Attacke des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez gegen sie ging Merkel nicht direkt ein. Auf eine entsprechende Frage sagte sie: Jeder der zur Stärkung der Partnerschaft zwischen der EU und Lateinamerika einen Beitrag leisten wolle, sei herzlich willkommen. "Ich freue mich auf den EU-Lateinamerika-Gipfel und werde sicher jedem freundlich guten Tag sagen", betonte sie.

Lula zeigte sich zuversichtlich, dass sich Merkel und Chavez wieder vertragen. "Sie werden sich treffen, einen Kaffee trinken, und der Frieden wird wieder einkehren zwischen Caracas und Berlin", sagte er.

Chavez hatte Merkel unmittelbar vor ihrer Reise scharf attackiert und sie in die Nähe Adolf Hitlers gerückt. Die Kanzlerin hatte ihm zuvor das Recht abgesprochen, die Interessen anderer Staaten Südamerikas zu vertreten. Am Freitag werden sich Merkel und Chavez möglicherweise auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel in der peruanischen Hauptstadt Lima begegnen, an dem 27 europäische sowie 33 lateinamerikanische und karibische Delegationen teilnehmen.

Nach ihrem Besuch in Brasilia wollte Merkel am Nachmittag nach Sao Paulo weiterreisen, dem größten Standort der deutschen Wirtschaft im Ausland. Weitere Stationen der bisher längsten Auslandsreise seit ihrem Amtsantritt vor zweieinhalb Jahren sind Peru, Kolumbien und Mexiko.

(ap)
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