Kanzlerin will gründliche Aufklärung Merkel fordert Wahrheit im Missbrauch-Skandal

Frankfurt/Main (RPO). Kanzlerin Angela Merkel hat sich in die Debatte über immer neue Missbrauchsfälle eingeschaltet und eine gründliche Aufklärung der Vorwürfe gefordert. Der Missbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen sei ein "verabscheuungswürdiges Verbrechen" sagte die CDU-Vorsitzende am Mittwoch im Bundestag. Die katholische Kirche kündigte unterdessen an, dass sich der Papst in dieser Woche an die Opfer wenden werde.

Merkel äußerte sich in der Generaldebatte des Bundestages erstmals öffentlich zu den Vorgängen, die vor allem katholische Einrichtungen betreffen. Notwendig sei "Klarheit und Wahrheit über alles, was passiert ist", sagte die Regierungschefin. Mit Blick auf massive Vorwürfe gegen Verantwortliche der katholischen Kirche sagte die Kanzlerin, die Diskussion sollte nicht auf eine Gruppe verengt werden.

Merkel fügte hinzu, sie sei froh, dass ihre Ministerinnen für Justiz, Bildung und Familie anders als zunächst geplant nicht zwei getrennte, sondern einen gemeinsamen Runden Tisch zum Thema Missbrauch einrichten wollen. Dieses Gesprächsforum könne sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft blicken und etwa Fragen der Verjährungsfristen und der möglicher Entschädigungsfragen in den Blick nehmen.

Das erlittene Unrecht begleite die Betroffenen oft ein Leben lang, sagte Merkel. Völlige Wiedergutmachung könne es daher nicht geben. Doch müssten die Opfer das Gefühl haben, in der Gesellschaft gehört zu werden.

Runder Tisch soll im April starten

Zuvor hatte schon Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger gesagt, sie halte es für eine gute Idee, die gesamte Aufarbeitung der Missbrauchsfälle zu bündeln. "Wir sind derzeit innerhalb der Bundesregierung im Gespräch, um möglichst schnell, vielleicht bereits am 23. April, mit einem breit aufgestellten Gremium starten zu können", wird die FDP-Politikerin von der "Neuen Osnabrücker Zeitung" zitiert.

Darin könnten Prävention, Aufklärung, Opferentschädigung und rechtspolitische Konsequenzen beraten werden. Bislang waren zwei getrennten Runde Tische geplant - einer der Familien- und Bildungsministerinnen Kristina Schröder und Annette Schavan (beide CDU) und einer der Justizministerin.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte die katholische Kirche auf, die Ermittlungen nicht auf eigene Faust durchzuführen, sondern Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten zu überlassen. Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg erklärte, dort gebe es eine große Fachkenntnis. "Bei Verdacht auf sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen durch Priester oder kirchliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen muss unverzüglich Anzeige bei der Polizei erstattet werden."

Vor "Entschuldigungsfuror" gewarnt

Auch die Deutsche Bischofskonferenz geht nach eigenen Angaben davon aus, dass sich Papst Benedikt XVI. in dieser Woche zu dem Missbrauchsskandal in Europa äußert. "Es ist alles schon einmal gesagt, aber es ist bestimmt auch vernünftig und gut, wenn es eine persönliche Zuwendung des Papstes an die Opfer gibt. Damit ist diese Woche zu rechnen", sagte Prälat Karl Jüsten in der ARD. Der Papst habe sich bereits mehrfach entschuldigt. "Wir müssen natürlich jetzt aufpassen, dass es nicht eine Art Entschuldigungsfuror gibt."

(apd/top)
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