Islam-Rede sorgt für Unmut Merkel verteidigt Wulff

Berlin (RPO). "Der Islam ist ein Teil Deutschlands." Die Rede von Bundespräsident Christian Wulff zur Integrationspolitik schlägt zunehmend hohe Wellen. Mehrer Uniosnpolitiker gehen auf Distanz zum Bundespräsidenten. Einer Umfrage zufolge kann sich auch eine Mehrheit der Deutschen nicht damit identifizieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel versucht, die Wogen zu glätten.

Wulff lädt ins Bundespräsidentenbüro
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Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Frage, ob der Islam tatsächlich neben dem Christen- und dem Judentum "inzwischen auch zu Deutschland" gehört. Einer Umfrage zufolge stößt Wulff mit dieser Äußerung bei zwei Dritteln der Deutschen auf Ablehnung. Einige Unions-Politiker warnten zudem am Dienstag vor einer Gleichsetzung von Islam und Christentum.

Die rheinland-pfälzische CDU-Abgeordnete Julia Klöckner betonte nach Angaben von Teilnehmern zunächst, dass der Islam nicht zum Fundament der Kultur in Deutschland gehöre. CDU-Chefin Merkel mahnte danach, man müsse die Rede des Bundespräsidenten genau lesen. Deutschlands Kultur und Geschichte sei von Christentum und Judentum geprägt. Nichts anderes habe Wulff in seiner Rede zum 20. Jahrestag der deutschen Einheit am 3. Oktober gesagt.

Wulff hatte in seiner Rede dann den Satz hinzufügte: "Aber der Islam gehört inzwischen auch zu Deutschland." Merkel betonte den Teilnehmern zufolge in der Sitzung auch, dass der Staat Ehrenmorde und die Scharia nicht akzeptieren werde. Zudem forderte sie, dass Imame in Deutschland ausgebildet und die Religionslehrer die deutsche Sprache beherrschen müssten.

Zuvor hatten sich CSU-Politiker wie der Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich von Wulff abgesetzt. "Um das klar zu sagen: Die Leitkultur in Deutschland ist die christlich-jüdisch-abendländische Kultur. Sie ist nicht die islamische und wird es auch nicht in Zukunft sein", betonte Friedrich. In diese christlich-jüdische Kultur hätten sich alle zu integrieren.

Friedrich warnte vor einer blauäugigen Debatte über Zuwanderung, bei der der kulturelle Hintergrund der Zuwanderer mit beachtet werden müsse. Ohnehin komme die Debatte über die verstärkte Anwerbung von Fachkräften angesichts von drei Millionen Arbeitslosen zur Unzeit. Er rate dringend dazu, Bewerber erst "im eigenen Kulturkreis" zu suchen.

Unterdessen warf der Saarbrücker Islamwissenschaftler Gerd-Rüdiger Puin dem Bundespräsidenten "Wunschdenken" vor. Die Feindseligkeit des Koran gegenüber Andersgläubigen sei in der Debatte nicht präsent. "Dort gibt es kein einziges nettes Wort über die 'Ungläubigen', aber 300 Verse, die ihnen das Schlimmste auf Erden und im Himmel androhen." Vertreter muslimischer Verbände würden nur so lange nicht die Einhaltung des islamischen Rechtssystems fordern, "bis Deutschland muslimisch ist".

Der Chef der CSU-Zukunftskommission, Manfred Weber, sagte: "Der Islam, so wie wir ihn heute in Deutschland haben, hat zumindest bisher - was historisch in Zukunft kommen wird, wissen wir nicht - keinen Beitrag zu unseren Werten geleistet." Dies sei jedoch "eigentlich das Zentrale, wenn es um die Frage der Identität für unser Land geht". Der CSU-Politiker Norbert Geis kritisierte die Wulff-Rede als "missverständlich".

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) mahnte, man dürfe nicht einem "Konflikt der Kulturen" das Wort reden. Sie fügte hinzu: "Das historische und kulturelle Fundament Europas beruht zweifelsohne auf klassisch griechisch-romanischen Einflüssen sowie auf dem christlichen Erbe, aber auch auf dem Islam." Notwendig sei nun eine "sachliche Debatte darüber, wie wir alle Teile unserer Bevölkerung - egal, welcher Religion sie angehören oder auch nicht - gleichberechtigt an den Lebenschancen unserer Gesellschaft teilhaben lassen". Nur so könne Integration auf Dauer gelingen.

Der Islamrats-Vorsitzende Ali Kizilkaya sagte der Nachrichtenagentur dapd, das Eintreten von Wulff gegen "Ausgrenzungstendenzen" gegenüber Muslimen sei ein wichtiges Signal gewesen. Bei der Rede des Bundespräsidenten handele es sich um einen "Meilenstein im Integrationsprozess". Es sei bedauerlich, dass es nun negative Reaktionen darauf gebe. Kizilkaya betonte: "Manche Politiker tun sich offenbar schwer, den Islam als Teil dieser Gesellschaft zu sehen."

Bei einer Umfrage im Auftrag der "Bild"-Zeitung stimmten 66 Prozent der Aussage von Wulff nicht zu, dass auch der Islam inzwischen zu Deutschland gehört. Unterstützung erhielt das Staatsoberhaupt lediglich von 24 Prozent der rund 1000 Befragten. Besonders ausgeprägt war die Ablehnung bei Anhängern von CDU, CSU und FDP, aber auch bei Sympathisanten der Linkspartei.

(apd/AP)
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