Syrien-Konflikt Merkel wirft vier EU-Partnern Alleingang vor

Das Verhalten der deutschen Bundesregierung auf dem G20-Gipfel irritierte. Erst 24 Stunden später unterzeichnete sie die US-Erklärung zu Syrien. Frank-Walter Steinmeier spricht von einem unwürdigen Hin und Her. Am Sonntag rechtfertigte Merkel in Düsseldorf ihren Kurs - und verwies auf vier europäische Staaten.

Das zeigt der Instagram-Kanal des syrischen Präsidenten
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Rückblende. Freitag, 6. September auf dem G20-Gipfel in Russland. Es geht um die Syrienkrise. Russland stellt sich gegen einen militärischen Einsatz, die Amerikaner legen eine Erklärung vor, die ein entschiedenes Vorgehen fordert.

Als Merkel das G20-Treffen bereits wieder verlassen hatte, unterzeichneten elf der anwesenden Regierungen. Nicht dabei: Unter anderem die Russen und Chinesen. Und auch Deutschland.

Prompt wurden Erinnerungen an das diplomatische Debakel in der Libyen-Krise wach, als Deutschland isoliert da stand. Entsprechend erstaunt reagierten auch in St. Petersburg viele Beobachter. Weil Deutschland als einziges der europäischen G20-Staaten nicht unterzeichnet hatte, schien sich erneut eine Sonderrolle anzudeuten.

"Europäer hängen Merkel ab"

Alle europäischen G20-Länder außer Deutschland hatten nach Merkels Abreise unterzeichnet, also Großbritannien, Frankreich, Spanien und Italien. Merkel blieb außen vor, offenbar ohne zu wissen, was da hinter ihrem Rücken geschah. "Europäer hängen Merkel ab", titelte Spiegel Online. Zeichen einer neuen Isolation? Am Samstag zog die Bundesregierung dann nach und stellte sich ebenfalls hinter den US-Text.

Am Sonntag verteidigte die Bundeskanzlerin beim Wahlkampfauftritt in Düsseldorf ihr Verhalten mit dem Wunsch nach einer einheitlichen europäischen Haltung. Ihr sei es vor allem darum gegangen, alle 28 EU-Länder einzubinden. "Ich finde es nicht in Ordnung, wenn fünf große Länder ohne die 23, die nicht dabei sein können, schon einmal eine gemeinsame Position verabschieden, wissend, dass 24 Stunden später diese 28 alle zusammensitzen", sagte Merkel - eine deutliche Spitze an die vier Egoisten von St. Petersburg.

Viel Lob für Westerwelle

Deshalb habe sie gesagt: "Lasst uns alles daran setzen, eine gemeinsame Position der 28 (EU-Staaten) zu bekommen." Bei ihrem Treffen am Samstag im litauischen Vilnius hatten die 28 EU-Außenminister dann eine ähnliche Resolution verabschiedet wie die US-Erklärung, die aber fordert, dass vor weiteren Schritten ein UN-Bericht abgewartet werden soll.

Die gemeinsame Haltung der Europäer sei in enger Zusammenarbeit mit Außenminister Guido Westerwelle gelungen, betonte Merkel: "Ansonsten wäre es viel schwieriger geworden."

In der "Bild am Sonntag" schloss Merkel eine Beteiligung an einem Militärschlag gegen Machthaber Baschar al-Assad erneut aus. Es müsse aber sichergestellt werden, dass sich ein Einsatz von Chemiewaffen nicht wiederhole und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen würden: "Eine friedliche Zukunft Syriens aber kann nur in einem politischen Prozess erreicht werden."

SPD spricht von einem Totalausfall

Die Opposition warf Merkel einen Schlingerkurs vor. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach von einem "Totalausfall der deutschen Außenpolitik" und warf Merkel diplomatisches Versagen vor. "Die angeblich mächtigste Frau der Welt hat in St. Petersburg nicht einmal ein Gespräch mit Russlands Präsidenten geführt", sagte er dem "Spiegel". Russland ist bisher nicht bereit, Assad fallenzulassen und blockiert mit China den UN-Sicherheitsrat.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier sprach von einem unwürdigen Hin und Her: "Die Bundesregierung findet keinen Standpunkt und verliert sich in wahltaktischen Überlegungen." Umfragen zufolge ist eine Mehrheit der Deutschen gegen einen Angriff auf die syrische Regierung, den auch die SPD ablehnt.
"Ich kann nicht erkennen, dass eine zweitägige militärische Strafexpedition in Syrien irgendetwas zum Besseren für die Menschen bringt", sagte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück.

(REU)
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