Energiegipfel zur Strompreisbremse in Berlin Merkels lange Suche nach einem Kompromiss

Düsseldorf · Auch wenn es Schnittmengen gibt zwischen Regierung, Bund und Ländern - ein Kompromiss zeichnet sich beim Energiegipfel in Berlin auch am Donnerstag nicht ab. Insbesondere die Strompreisbremse steht im Fokus. Merkel aber braucht Ergebnisse.

Diese Arten der Stromerzeugung gibt es
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Bund und Länder wollen auf die Strompreisbremse drücken - bis zu drei Milliarden Euro wollen sie sparen. Sonst steigen die Belastungen. Vor dem Energiegipfel zeigen sich Schnittmengen, aber auch Konflikte.

Bei der geplanten Strompreisbremse von Umweltminister Peter Altmaier ist einem Dokument des Kanzleramts zufolge keine Einigung in Sicht. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder werden das Thema beim Energiegipfel am Donnerstagnachmittag nicht weiter vorantreiben, wie aus dem Entwurf eines Abschlussberichts des Treffens hervorgeht,

"Die zuständigen Fachministerinnen und -minister von Bund und Ländern werden ... ihre Arbeit an Eckpunkten zur Kostendämpfung fortsetzen und ein Konzept vorlegen, das durch einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Änderung des Erneuerbare Energien Gesetzes umgesetzt wird", heißt es in dem Beschlussvorschlag vom Mittwoc, der Reuters vorliegt.

Fünf Verhandlungsrunden

Die Regierungschefs der 16 Bundesländer wollten am Nachmittag mit Merkel (CDU), Umweltminister Peter Altmaier (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) zusammenkommen.

In fünf Verhandlungsrunden hatte eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern Konsensmöglichkeiten zur sogenannten Strompreisbremse ausgelotet. Vor allem bei der Ökostrom-Umlage zeigten sich Kompromisschancen. Das Problem ist, dass diese Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steigt, wenn mehr Ökoenergie erzeugt wird. Denn der Börsenstrompreis sinkt dann, den Anbietern ist aber eine feste Vergütung garantiert. Ohne Gegensteuern könnte die Umlage laut Regierung noch in diesem Jahr von 5,28 auf bis zu 7 Cent je Kilowattstunde steigen.

Stand der Verhandlungen ist nun, energieintensive Unternehmen mit bis zu 700 Millionen stärker an der Umlage zu beteiligen. Rösler und Altmaier einigten sich auf den Vorschlag, folgende Branchen herauszunehmen: Schienenbahnen, Kohlebergbau und Nahrungsmittelindustrie. Entsprechende Medienberichte wurden der Deutschen Presse-Agentur bestätigt.

Industrie an Kosten beteiligen

Die Mehrheit der Bundesbürger will nach einer Umfrage im Auftrag der Umweltschutzorganisation Greenpeace, dass die Industrie stärker an den Kosten der Energiewende beteiligt wird. 87 Prozent der Befragten befürworteten dies. Das ergab eine Erhebung von TNS Emnid, die der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.

Danach forderten drei Viertel der Befragten zudem einen ungebremsten Ausbau der erneuerbaren Energien. 75 Prozent stimmten der Aussage zu: "Der Ausbau der erneuerbaren Energien sollte konsequent fortgesetzt werden."

Streit gibt es noch in der Frage eines Beitrags der Ökostrom-Anbieter. Eine erwogene Kürzung von bereits zugesagten Vergütungen bestehender Anlagen ist vom Tisch. Strittig ist, ob etwa Boni für Windanlagen gestrichen werden. Dies brächte zusammen mit weiteren Punkten 200 Millionen Euro. Eine Kürzung der Vergütung für Neuanlagen in den ersten Monaten brächte 500 Millionen Euro.

SPD: Stromsteuer senken

SPD und Grüne gehen mit der Forderung in die Verhandlungen, dass die Stromsteuer, die dem Bund zufließt, um 25 Prozent gesenkt wird. Das würde die Verbraucher um rund 1,6 Milliarden Euro entlasten. Die Ausgaben für Windkraft an Land sollen laut dem der dpa vorliegenden Papier um 200 Millionen Euro verringert werden.

Um 500 bis 800 Millionen Euro gekürzt werden könnte laut Rot-Grün eine Liquiditätsreserve, die verhindern soll, dass ein ins Minus rutschendes EEG-Konto über teure Bankkredite finanziert werden muss.

Dieser Punkt wurde auch in den bisherigen Bund-Länder-Verhandlungen diskutiert. Wie stark energieintensive Unternehmen belastet werden sollen, ließen SPD und Grüne noch offen. Strittig sind etwa die Bahnen, weil hier die Ticketpreise steigen könnten.

Grüne: CO2-Verschmutzungsrechte verknappen

Die Grünen wollen zudem die CO2-Verschmutzungsrechte verknappen. Die C02-Zertifikate sollen in der EU später als geplant versteigert werden, weil ein Überschuss an Emissionsrechten den Preis für dieses Klimaschutzinstrument in den Keller getrieben hatte. Dies will auch Altmaier, Rösler ist dagegen.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sagte in der ARD: "Ich glaube, dass ein Kompromiss möglich ist, aber dafür muss sich die Bundesregierung jetzt bewegen." Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte der dpa: "In der Vergangenheit ist es bislang gelungen, in Übereinstimmung mit der Bundesregierung Vereinbarungen zur Energiewende zu treffen." Sie baue wieder darauf.

Saarlands Energieminister Heiko Maas (SPD) sagte der dpa, ein Ergebnis wäre ein wichtiges Signal an Bürger und Wirtschaft. Bei der Stromsteuer müsse sich der Bund bewegen. Baden-Württemberg fürchtet eine Verlangsamung des Ökostrom-Ausbaus. Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) sagte der dpa: "Es geht darum, das Schlimmste zu verhindern."

Im Bundestag forderte die Linke, Geringverdiener vor steigenden Strom- und Heizkosten zu schützen. "Das ist eine soziale Schieflage in der Energiewende, die wir so nicht länger hinnehmen können", sagte die Abgeordnete Caren Lay.

(dpa/rtr/nbe/sap/das)
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