Steinmeier wehrt sich in Kundus-Affäre "Ministerium hatte keine exklusive Informationen"

Frankfurt/Main (RPO). Der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat bestritten, dass das Auswärtige Amt eigene Erkenntnisse zum verheerenden Luftangriff in Kundus gehabt habe. Entsprechende Medienberichte bezeichnete der SPD-Fraktionschef als falsch.

Kundus-Affäre: Hauptpersonen und offene Fragen
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Foto: AP

In der Kundus-Affäre gerät nun der frühere Außenminister Frank-Walter Steinmeier ins Visier. Nach Medienberichten hatte das Auswärtige Amt bereits kurz nach dem verheerenden Luftangriff am 4. September Hinweise auf zivile Opfer. Der heutige SPD-Fraktionschef Steinmeier erklärte der "Frankfurter Rundschau" dazu, sein Ministerium habe aber "über keinerlei exklusive Informationen zum Luftangriff in Kundus" verfügt.

Bei dem von einem deutschen Oberst befohlenen Bombardement zweier gekaperter Tanklaster wurden bis zu 142 Menschen getötet. Nach Informationen des Magazins "Stern" nahm der Vertreter des Auswärtigen Amtes in Kundus als ziviler Leiter des Wiederaufbauteams der Bundeswehr am 4. und 5. September an Gesprächen teil, bei denen Bundeswehrsoldaten, Militärpolizisten und Vertreter afghanischer Behörden über tote Zivilisten referierten.

Dass das Auswärtige Amt zeitnah Kenntnis über zivile Opfer hatte, geht auch aus einem vertraulichen Gesprächsprotokoll des Wiederaufbauteams Kundus der Bundeswehr (PRT) hervor, aus dem das ARD-Magazin "Bericht aus Berlin" am Sonntagabend zitierte. Der außenpolitische Sprecher der Union, Philipp Missfelder, drang auf Klärung der Rolle Steinmeiers. Im ARD-Morgenmagazin forderte er, dass sich der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Kundus-Affäre damit beschäftigt. Steinmeier hatte in den ersten Tagen nach dem Luftangriff von "möglicherweise unschuldigen Opfern" gesprochen.

"Informationen waren der Bundeswehr bekannt"

Der Darstellung, dass Vertreter des Auswärtigen Amtes an der Voruntersuchung teilgenommen habe, widersprach Steinmeier nach einer Meldung der "FR" nicht. Er verwies nur darauf, dass sein Ministerium keine eigenen Erkenntnisse zu dem Angriff gehabt habe. "Die Informationen, die wir hatten, waren auch der Bundeswehr bekannt und gingen in deren Gesamtbewertung ein", wird der SPD-Fraktionschef zitiert.

"Vom ersten Tag an" habe es widersprüchliche Meldungen "über die Zahl der getöteten Taliban-Kämpfer und zivile Opfer" gegeben. Deshalb habe er damals sofort eine gründliche Untersuchung des Vorfalls gefordert. "Zu keinem Zeitpunkt habe ich ausgeschlossen, dass es auch zivile Opfer gab", sagte Steinmeier.

Feldjägeranteil zur Polizeiausbildung verstärken

Zu Forderungen der USA, das Bundeswehrkontingent in Afghanistan weiter zu erhöhen, äußerte sich Außenminister Guido Westerwelle skeptisch. In der "Saarbrücker Zeitung" verwies er darauf, dass die Obergrenze erst im vergangenen Jahr von 3.500 auf 4.500 Soldaten angehoben wurde. "Wenn die Afghanistan-Konferenz Ende Januar eine reine Truppenstellerkonferenz werden würde, bräuchte man nicht hinzufahren", sagte Westerwelle im Hinblick auf die internationale Veranstaltung in London. Es müsse dort vielmehr um einen "breiten politischen Ansatz" gehen. Deutschland sei bereit, beim zivilen Aufbau, insbesondere bei der Ausbildung der Polizei, mehr zu tun.

Im Gespräch ist eine Aufstockung der deutschen Streitkräfte um bis zu 2.500 Soldaten. Die Bundesregierung hat mehrfach erklärt, sie werde eine Entscheidung darüber frühestens nach der Londoner Afghanistan-Konferenz treffen.

Die SPD bekräftigte ihre Ablehnung einer Anhebung der Obergrenze. Der SPD-Verteidigungsexperte Hans-Peter Bartels sagte im Deutschlandfunk: "Zusätzliche Kampftruppen, das, was jetzt diskutiert wird, 2.000, 2.500 zusätzliche Soldaten für Afghanistan sehe ich nicht."

(DDP/csi)
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