Regionalkonferenz der CDU Langer Applaus und viele Fragen bei Merkels Auftritt in Münster

In Münster verteidigt CDU-Vorsitzende und Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Politik. Die Basis verschont sie bei der Regionalkonferenz allerdings mit schrillen Tönen wie zuletzt.

Regionalkonferenz der CDU in Münster
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Foto: dpa, bt fpt

Lange hält der Beifall an, mit dem Angela Merkel begrüßt wird. Auf der dritten Regionalkonferenz spricht die 62-jährige Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende in Münster zwar nur 15 Minuten zu den 1000 Zuhörern, findet dabei aber offenbar die aus Sicht der Basis passenden Worte: sachlich, nichts beschönigend, aber optimistisch nach vorne schauend. Ausführlich geht sie auf die Flüchtlingssituation ein.

Merkel dankt allen, die an der Versorgung der Menschen mitgewirkt haben: "Das war ein tolles Stück Arbeit." Zugleich betont sie, dass man den wirklichen Hilfsbedürftigen nur beistehen könne, wenn diejenigen, die kein Aufenthaltsrecht besäßen, in ihre Heimat zurückkehrten. Merkel verteidigt die soziale Marktwirtschaft und warnt vor Abschottung. Stattdessen müsse "wertegebundene Offenheit" die Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung sein. Eine Obergrenze, wie sie die CSU fordert, lehnt sie erneut ab.

Neunjährige aus Köln im Rampenlicht

Zahlreiche Parteimitglieder nutzen anschließend die Möglichkeit, der Kanzlerin Fragen zu stellen. Das geschieht querbeet. Es geht um die Vermögensteuer (gegen die sich Merkel wendet) und darum, wie die CDU bei der Landtagswahl verloren gegangenes Terrain wiedergewinnen könne. Ein älterer Herr begrüßt den restriktiveren Kurs, den Merkel in der Flüchtlingspolitik eingeschlagen habe, "doch wie wollen Sie das mit den Grünen durchsetzen?"

Ein anderer Gast klagt über die vielen Kurswechsel in der Bundespolitik, etwa beim Mindestlohn: "Erkenne ich meine Partei noch wieder?" Merkel nimmt die Kritik gelassen hin und verteidigt ihre Politik, auch die Abschaffung der Wehrpflicht. "Sie haben vergessen, mir auch den Ausstieg aus der Kernkraft vorzuwerfen", ruft sie dem Fragesteller lächelnd zu.

Die Parteichefin, die sich während der Fragerunden eifrig Notizen macht, muss auch wieder eine Kinderhand schütteln. Diesmal ist es die der neunjährigen Leonore Siebeke aus Köln, die — so ihr Vater — auf dem letzten Zeugnis in Mathe eine Eins bekommen hat und die Kanzlerin gern begrüßen würde. "Wenn ein afghanisches Kind der Kanzlerin die Hand schütteln darf, darf dann meine Tochter auch?", fragt Gundolf Siebeke. Unter Beifall geht die Kanzlerin auf das Mädchen zu und schenkt ihm einige freundliche Worte.

In Heidelberg gab es auch schrille Töne

Auf der Regionalkonferenz am Montag in Heidelberg hatte sich Merkel noch überrascht gezeigt, als ein afghanischer Junge ihr einen Dank aus dem Zuschauerraum zurief. Erst nach einigem Zögern war sie auf den Jungen zugegangen und hatte ihm, wie er es sich gewünscht hatte, die Hand gereicht. In Heidelberg hatte es aber auch schrille Töne gegeben, als ein Mann aus Karlsruhe Merkel aufforderte: "Frau Bundeskanzlerin, treten Sie zurück." Merkel habe in der Flüchtlingskrise versagt und "deutschtümelnden Wahn" erkennen lassen.

So harte Kritik bekommt Merkel in der Halle Münsterland nicht zu hören. Sie macht einen frischen, gelösten Eindruck. Wenn sie frei spricht, ist sie um Längen überzeugender, als wenn sie vom Blatt abliest. Süffisant weist sie darauf hin, dass das Durchschnittsalter bei der CDU bei über 60 Jahren liege, während der Bundesdurchschnitt 44 Jahre betrage: "Wir brauchen also noch ein paar Junge."

Am Ende kann sie mit Genugtuung wahrnehmen, auf welch breite Zustimmung ihre Bereitschaft stößt, noch einmal für das höchste Regierungsamt zu kandidieren. Die vier Regionalkonferenzen (die letzte findet am Freitag in Jena statt) sind somit nicht nur ein Stimmungsbarometer, sondern dienen auch der Selbstvergewisserung. Mit dem Rückhalt an der Basis kann Merkel gelassen auf den Bundesparteitag nächste Woche in Essen blicken.

Auch Landeschef Armin Laschet, der sich in der Flüchtlingsfrage eng an die Seite Merkels gestellt hatte, wirkt zufrieden. Sein Motto für den Wahlkampf: "Zuhören, zuhören, zuhören." Die innere Sicherheit sei "eine der Kernkompetenzen der CDU". NRW müsse wie die allermeisten Länder auch endlich die Schleierfahndung nach Kriminellen erlauben. Im Landtagswahlkampf kann sich Laschet auf Merkel verlassen, die ihn, wie sie sagt, "tatkräftig unterstützen" will.

Sie selbst schließt ein Bündnis mit den Grünen nach der Bundestagswahl nicht aus: "In Hessen klappt das schon ganz gut." Auch zu Zeiten der Koalition mit der FDP habe sich "das Glück in Grenzen" gehalten. Es gebe für die Union zwar keinen bevorzugten Partner, doch irgendwann müsse man dann doch Koalitionen eingehen. "Aber wir wollen so stark wie möglich werden."

(hüw)
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