SPD und Union Neuauflage der Groko? Gewinner wären Macron und der Fiskus

Meinung | Berlin · Die SPD-Parteispitze signalisiert nun doch Bereitschaft, mit der Union über eine Neuauflage der großen Koalition zu sprechen. Kommt es tatsächlich zu einer Regierung aus Union und SPD, stünden zwei Gewinner schon fest.

 Nun also doch? Angela Merkel und Martin Schulz im Bundestag. (Archiv)

Nun also doch? Angela Merkel und Martin Schulz im Bundestag. (Archiv)

Foto: rtr, MAT

Niemals werde er in eine Regierung von Angela Merkel eintreten, hat Martin Schulz am Abend der Bundestagswahl gesagt. Im Fernsehen beschimpfte der SPD-Chef, der gerade eine historische Niederlage seiner Partei zu verantworten hatte, die Kanzlerin. Sie betreibe eine "Aushöhlung des öffentlichen Diskurses" und wolle eine "Meinungshegemonie" herstellen. Große Koalition? Nie im Leben! Nun ist es Schulz, der — gedrängt von den Sozialdemokraten in Partei und Fraktion — seine Meinung ändern muss. Die Sprüche ihres Chefs sind den Genossen zuletzt ohnehin einen Tick zu laut, zu überheblich und zu endgültig ausgefallen. Bis Weihnachten könnte der Koalitionsvertrag stehen, prophezeit ein CDU-Minister. Es ist richtig, dass die SPD ihren Kurs nun korrigiert und Gespräche anbietet. Diese Verantwortung haben die Sozialdemokraten. Nur schade, dass erst der Bundespräsident seine Parteifreunde daran erinnern musste.

SPD ist letzte Machtoption

Es dürfte die sozialdemokratischste aller großen Koalitionen werden. Angela Merkel hat ja schon für die Grünen öffentlich reihenweise Positionen geräumt, sie wird dieses der SPD nicht vorenthalten können. Die SPD ist ihre letzte Machtoption, wenn sie die Minderheitsregierung vermeiden will, die im Ausland zwar üblich sein mag, für Deutschland in Zeiten einer europäischen Identitätskrise und weltweiter Turbulenzen aber die schlechtere Option ist. Der SPD wird man die 20,5 Prozent am Verhandlungstisch nicht anmerken. Das kennt man ja schon von 2013.

Zwei Gewinner stehen schon fest

Zwei Gewinner stehen bei einer möglichen dritten großen Koalition in vier Legislaturperioden bereits fest. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron dürfte mit seinen supranationalen EU-Vorschlägen und den neuen Geldtöpfen bei den Etatisten von Union und SPD wohl auf Gegenliebe stoßen. Der Soli-Abbau, der bei den Jamaika-Sondierern bis zuletzt im Grundsatz konsentiert war, könnte bei Schwarz-Rot in Frage gestellt werden. Der neue Finanzminister dürfte sich also auch freuen. Die große Koalition dürfte teuer werden. Wieder einmal.

Für Christian Lindner muss das schmerzhaft sein. Genau das, wofür die FDP in den Verhandlungen eingetreten ist und wo sie (aus Sicht der Liberalen zu wenig) Fortschritte erzielen konnte, würde von Union und SPD gar nicht erst umgesetzt. Die FDP mag ihre Argumente für den Abbruch der Verhandlungen gehabt haben. Mögen die FDP-Wähler mit stolz geschwellter Brust durch die Republik laufen. Wenn die große Koalition erst mal regiert, wird es für Liberale nicht gemütlicher.

(brö)
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