Sportwettenmarkt wird für Privatanbieter geöffnet Neuer Glücksspielstaatsvertrag unterzeichnet

Berlin · Der Weg für eine Öffnung von Deutschlands milliardenschwerem Sportwettenmarkt für private Anbieter ist unter Vorbehalt frei. Die Regierungschefs aller Bundesländer mit Ausnahme Schleswig-Holsteins unterzeichneten am Donnerstag in Berlin eine entsprechende Änderung des Glücksspielstaatsvertrags.

Allerdings soll der Vertrag nach dem Willen aller 15 Länder erst dann den Parlamenten zur Ratifizierung vorgelegt werden, wenn die EU-Kommission keine rechtlichen Bedenken anmeldet.

Wie erwartet unterschrieb Schleswig-Holstein die Novellierung nicht. Dort gilt ab 1. Januar ein eigenes und sehr viel liberaleres Glücksspielgesetz, das Sportwetten und auch Poker im Internet zulässt.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wertete die Unterzeichnung am Donnerstag als Erfolg. "Der Föderalismus hat sich als funktionsfähig erwiesen", sagte er. "Wir haben bis in die letzten Stunden hinein verhandelt und glauben, dass wir einen guten Kompromiss hinbekommen haben." Aufgrund von positiven Signalen aus Brüssel gehe er davon aus, dass die Zustimmung durch die EU-Kommission in den nächsten Wochen schriftlich vorliegen werde.
Nach Ausräumung dieser rechtlichen Bedenken sei Schleswig-Holstein dann eingeladen, den Vertrag doch noch zu unterzeichnen.

Zweifel in Kiel

Der Kieler Regierungschef Peter Harry Carstensen (CDU) warnte jedoch, von einem automatischen Beitritt Schleswig-Holsteins auszugehen. Sein Land habe ein von der EU bereits notifiziertes Gesetz, allerdings würden die Lizenzen für private Anbieter nicht vor dem 1. März ausgegeben. Damit bleibe Luft, um die Entscheidung der EU-Kommission abzuwarten. Sollte das von den übrigen 15 Ländern beschlossene Verbot von Online-Spielen ebenfalls als EU-konform angesehen werden, müsse noch einmal nachgedacht werden.

Der neue Glücksspielstaatsvertrag sieht die Vergabe von höchstens 20 Lizenzen für Sportwettenanbieter sowie eine Steuer auf den Umsatz von fünf Prozent vor. Dadurch sollen die bislang illegalen Sportwetten liberalisiert und kanalisiert werden, um Suchtgefahren vorzubeugen. Carstensen rechnete mit Klagen von Wettanbietern.
"Spätestens der 21. wird dann klagen", sagte er, in diesem Fall werde ein Gericht entscheiden.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hielt dem entgegen, an geltende Gesetze müssten sich in Deutschland auch Gerichte halten - es sei denn, sie hätten Verfassungsbedenken.
Indirekt riet er Schleswig-Holstein zu einem Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Spielsucht. Dieses lege den Ländern sehr enge Grenzen auf.

Derzeitiger Vertrag läuft zum Jahresende aus

Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hatte vor der Sitzung der Ministerpräsidenten für eine Einigung plädiert, allerdings eine "erhebliche Reihe von Vorbehalten" geltend gemacht.
Die Regelung hätte "noch zukunftsfähiger" ausfallen können, sagte er.

Der derzeitige Glücksspielstaatsvertrag trat am 1. Januar 2008 in Kraft und läuft zum Jahresende aus. Der Europäische Gerichtshof hatte das staatliche Monopol auf Glücksspiele und Sportwetten im September 2010 für unzulässig erklärt. Deutschland unterlaufe das Ziel der Suchtbekämpfung durch zu viel Werbung für die Glücksspiele, entschied der EuGH.

Ein erster Entwurf eines neuen Glücksspielstaatsvertrages der 15 Bundesländer mit zunächst nur sieben Lizenzen für Anbieter von Sportwetten war in Brüssel auf europarechtliche Bedenken gestoßen.
Darauf wurde die maximale Zahl auf 20 Lizenzen erhöht.

(APD)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort