Kabinett billigt neues Prostitutionsgesetz Kondompflicht für Freier und Erlaubnispflicht für Bordelle

Berlin · Im horizontalen Gewerbe ändert sich einiges: Die Bundesregierung hat nach jahrelangem Streit über das Prostitutionsgesetz eine Neuregelung auf den Weg gebracht.

 Im Rotlicht-Milieu muss man sich auf einige Neuerungen einstellen.

Im Rotlicht-Milieu muss man sich auf einige Neuerungen einstellen.

Foto: dpa, br_gr mg

Das Kabinett billigte nach Angaben des Familienministeriums am Mittwoch den Gesetzentwurf, der eine Anmeldepflicht für Prostituierte vorsieht. Wer ein Bordell betreiben will, muss dafür künftig eine Erlaubnispflicht einholen. Das Gesetz soll bis September Bundestag und Bundesrat passieren.

"Endlich wird es einen besseren Schutz für Frauen und Männer geben, die in der Prostitution tätig sind", sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Familienministerium, Elke Ferner (SPD), in Berlin.

Zu der neu eingeführten Erlaubnispflicht für die Bordelle gehört eine Zuverlässigkeitsprüfung für die Betreiber. "Ein vorbestrafter Menschenhändler darf kein Bordell betreiben", betonte Ferner. Die Prostituierten müssen sich bei einer Kommune anmelden. Sind sie zwischen 18 und 21 Jahre alt, müssen sie sich ab Juli 2017 jeweils für ein Jahr verpflichtend anmelden. Die künftig vorgeschriebene gesundheitliche Beratung wird jeweils nach sechs Monaten fällig.

Prostituierte ab 21 müssen sich ab Juli 2017 bis Ende des Jahres einmalig für drei Jahre anmelden, die gesundheitliche Beratung ist für sie nach zwei Jahren wieder erforderlich. Ab 2018 gilt ein zweijähriger Zeitraum bis zur nächsten fälligen Meldung, die gesundheitliche Beratung ist dann jährlich vorgesehen. Prostituierte, die ihrer Anmeldepflicht nicht nachkommen, können zunächst verwarnt und schließlich mit einem Bußgeld von bis zu 1000 Euro belegt werden.

Für Freier gilt künftig eine Kondompflicht. Bei Verstößen dagegen können Bußgelder von bis zu 50.000 Euro verhängt werden. Ferner verwies darauf, dass HIV-infizierte Freier Prostituierte durch ungeschützten Geschlechtsverkehr anstecken könnten. Bordellbetreiber müssen auf die Kondompflicht hinweisen, zudem gilt ein Werbeverbot für ungeschützten Sex. Verboten werden sollen durch das Gesetz menschenunwürdige Praktiken wie Flatrate- oder Gangbang-Partys.

Strittig ist nach Angaben Ferners noch eine Detailfrage bei der Anmeldepflicht. Die Union drängt darauf, jenen die Ausstellung einer Bescheinigung zu verweigern, die offenbar gar nicht wissen, welche Tätigkeit sie ausüben sollen. Dieser letzte Streitpunkt soll nun im parlamentarischen Verfahren geklärt werden. Der Bundestag soll das Gesetz noch vor der Sommerpause beschließen, im September könnte es dann den Bundesrat passieren.

"In das unregulierte Milieu der Prostitution kommt mehr Transparenz und damit größerer Schutz für die Frauen", erklärte die Vorsitzende der Frauen Union in der CDU, Annette Widmann-Mauz. Kriminelle Strukturen könnten mit den neuen Aufsichtsinstrumenten des Gesetzes besser bekämpft werden.

Kritik kam erneut von den Grünen. Es gehe nicht in erster Linie um den Schutz der Prostituierten, "sondern um größtmögliche Kontrolle, Entmündigung und Fortsetzung ihrer Stigmatisierung". Die Meldepflicht und die verpflichtende Gesundheitsberatung trieben Prostituierte in die Illegalität und widersprächen ihrem Recht auf Selbstbestimmung. "Sie dienen auch nicht dem Schutz vor Menschenhandel und Zwangsprostitution."

Über die Details der Neuregelung hatten Union und SPD bis zuletzt gerungen. Die Beratungen zu dem Vorhaben hatten kurz nach Bildung der großen Koalition im Jahr 2013 begonnen.

(felt/AFP)
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