Eklat um israelisches Einreiseverbot Niebel wehrt sich gegen Inszenierungs-Vorwürfe

Düsseldorf (RPO). Bundesminister Dirk Niebel hat seine scharfe Kritik an Israel verteidigt und Kritik zurückgewiesen, seine Empörung sei nur gespielt gewesen. Zuvor hatte der FDP-Politiker auf zahlreichen Kanälen seinen Ärger über Israels Regierung kundgetan, die ihm die Einreise in den Gazastreifen untersagt hatte.

Dirk Niebel - ein Fallschirmjäger als Entwicklungshelfer
13 Bilder

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Niebel wollte während seiner viertägigen Nahostreise am Sonntag eine Kläranlage im Gazastreifen besuchen. Das Bauwerk wird mit deutschen Hilfsgeldern als Teil der Entwicklungshilfe saniert. Doch Israel hatte dem deutschen Entwicklungsminister die Einreise versagt.

Kein ungewöhnlicher Schritt. Das Land verweigert ausländischen Ministern fast ausnahmslos die Einreise in das Palästinensergebiet, das von der radikal-islamischen Hamas regiert wird. Motiv der Regierung Netanjahu: keine negativen Eindrücke der Lebenswirklichkeit im Gazastreifen durch populäre Besucher eine Plattform geben, lässt sich die Armut doch leicht als Folge israelischer Blockadepolitik erkennen. Zudem nutze die Hamas solche Besuche als Steilvorlage für Propaganda.

"Kindisch und zynisch"

Dennoch fiel Niebels Kritik an Israel am Wochenende ungewöhnlich scharf aus, als er kurz nach seiner Ankunft von dem Einreiseverbot erfuhr. "Wenn die israelische Regierung Unterstützung für ihre neue Gazastrategie erwartet, dann muss sie zunächst selbst für mehr Transparenz und für eine neue Partnerschaft sorgen", verlangte der Minister. Die Blockade sei "kein Zeichen von Stärke sondern eher ein Beleg unausgesprochener Angst". Tel Aviv begehe einen großen außenpolitischen Fehler.

Unter deutschen Politikern erhielt Niebel für seine Israel-Schelte fast ausnahmslos Zuspruch, sowohl bei Regierung als auch Opposition.Der Zentralrat der Juden kritisierte die Reaktion des Ministers jedoch. Die Haltung Israels sei Niebel bekannt gewesen: "Es war sehr ungeschickt, wie Niebel das Ganze hat sich zuspitzen lassen", sagte Generalsekretär Stephan Kramer. Scharfe Kritik übte Kramer zudem an der Bemerkung, die Blockade sei ein Beleg unausgesprochener Angst: "Das ist kindisch und zynisch angesichts der israelischen Opfer in Sderot und andernorts durch Raketenangriffe aus dem Gazastreifen", so der Generalsekretär.

Am Morgen folgt Niebels Gegenschlag

Auch in zahlreichen Veröffentlichungen in deutschen Medien fielen die Reaktionen zwiegespalten aus. Gerade wegen ihrer Heftigkeit verwunderte Niebels Kritik. Mehrfach wurde die Frage laut: Warum versucht da einer, gegen eine bestehende Praxis anzugehen und beschwert sich dann lauthals, wenn die Praxis beibehalten wird? Besuche von Kläranlagen, das sei doch üblicherweise Sache für einen Referenten. Und außerdem: Wenn Niebel denn unbedingt in den von Israel abgeriegelten Gazastreifen gelangen wolle, könne er doch über die unlängst geöffnete Grenze zu Ägypten einreisen.

Am Montag Morgen holte Niebel zum Gegenschlag aus. Auch andere Politiker seien im Gazastreifen gewesen, sagte Niebel am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Seine Einreise sei zunächst vom Verteidigungsministerium genehmigt worden. Später dann soll das Außenministerium die Entscheidung einkassiert haben. Eine mögliche Einreise über Ägypten "wäre eine wirkliche Eskalation in den deutsch-israelischen Beziehungen gewesen, die ich für absolut indiskutabel halte", sagte Niebel in der ARD. Der Gazastreifen sei kein besetztes Gebiet, sagte Niebel, der noch einmal betonte, dass kein Treffen mit der radikal-islamischen Hamas geplant gewesen sei. "Es hätte die legitime Regierung Fayat gestützt, wenn diese Reise hätte stattfinden können."

Niebel - ein Freund Israels

Diese Position will er auch an diesem Montag beim Treffen mit Außenminister Lieberman vertreten. Denn: Gerade unter unter Freunden müsse man auch Fehlentwicklungen benennen können. Dass Niebel sich einen Freund Israels nennen darf, steht wohl außer Zweifel. Der Bundesminister ist Vizepräsident der deutsch-israelischen Gesellschaft.

Israel hat derweil ein Entgegenkommen bei der Abriegelung des Gaza-Streifens signalisiert: Die Regierung werde ab sofort alle Einfuhren ziviler Güter in den Gaza-Streifen erlauben. "Seit heute gibt es grünes Licht dafür, dass alle Güter eingeführt werden dürfen — außer Rüstungsgütern und Material, das die Kriegsmaschinerie der Hamas verstärken könnte", sagte ein Sprecher von Regierungschef Benjamin Netanjahu. Deutschen Politikern geht diese Ankündigung jedoch nicht weit genug: Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sagte, Ziel der Regierung bleibe das vollständige Ende der Gaza-Blockade.

Niebel zeigte sich erfreut über die Ankündigungen Israels, die bisherige Positivliste durch eine Negativliste mit verbotenen Produkten ersetzen zu wollen. "Das ist ein gutes Zeichen, ein Schritt wirklich in die richtige Richtung", erklärte der FDP-Politiker. Jedoch müsse nun geschaut werden, ob die Änderung der Einfuhrbestimmungen auch tatsächlich in der Praxis umgesetzt werde. "Das erhöht die Glaubwürdigkeit", sagte der Minister.

Niebel besucht am Montag in Jerusalem die Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem. Zu Ehren der jüdischen Opfer der Nationalsozialisten legt er am Vormittag einen Kranz nieder. Niebel bleibt noch bis Dienstag in Jerusalem, um sich über Entwicklungsprojekte zu informieren. Am Wochenende hatte er das Westjordanland besucht, wo er mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und Regierungschef Salam Fajad zusammentraf.

(ddp/AFP/APD)
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