Fastenprediger Michael Lerchenberg Nockherberg-Redner tritt nach KZ-Vergleich ab

München (RPO). Vergleiche mit dem Nationalsozialismus sind tabu - das hätte eigentlich auch der Nockherberg-Redner Michael Lerchenberg wissen müssen. Er hat es dennoch getan und muss nun nach der großen öffentlichen Empörung seine Rolle als Fastenprediger Bruder Barnabas beim traditionelle Politiker-"Derblecken" abgeben. Der Bayerische Rundfunk hat mittlerweile die umstrittenen Passagen für dei TV-Wiederholung herausgeschnitten.

Fastenprediger Michael Lerchenberg: Nockherberg-Redner tritt nach KZ-Vergleich ab
Foto: ddp, ddp

Für SPD-Landtagsfraktionschef Markus Rinderspacher war dieser Schritt unausweichlich: "KZ-Vergleiche sind zum Glück nun einmal inakzeptabel, generell und für jeden."

Ohne das sonst übliche Augenzwinkern war Lerchenberg am Mittwochabend vor versammelter Politprominenz auf dem Münchner Nockherberg verbal über FDP-Chef Guido Westerwelle hergefallen. Dessen ebenfalls umstrittene Aussagen über "Hartz IV"-Empfänger nahm der Kabarettist zum Anlass, fiktive Pläne Westerwelles darzustellen. Der Chef-Liberale wolle nun alle "Hartz IV"-Empfänger in einem mit Stacheldraht umgebenen Lager in Ostdeutschland sammeln. Und über dem Eingang werde "in eisernen Lettern" stehen: "Leistung muss sich wieder lohnen." Dies wurde allgemein als Anspielung auf den menschenverachtenden Spruch "Arbeit macht frei" am Tor des Nazi-Konzentrationslagers Auschwitz verstanden.

Westerwelle, der am Mittwochabend nicht im Saal war, reagierte am Donnerstag mit einem empörten Brief an den Paulaner-Brauereichef Andreas Steinfatt. "Scharf kritisiert zu werden, gehört zu meinem Amt dazu. Mit einem KZ-Wächter verglichen zu werden, geht zu weit", schrieb der Außenminister.

Steinfatt räumte ein, dass man die Textpassage bei einer Besprechung vor dem Auftritt falsch eingeschätzt habe. Es sei "ein Tabu verletzt" worden. "Wir bedauern sehr, dass diese Grenze überschritten worden ist", sagte der Organisator des Politiker-"Derbleckens". Aber Lerchenberg habe die Textstelle in seiner Rede auch noch einmal "verschärft" - was tatsächlich stimmt, wie ein Vergleich mit dem Manuskript zeigt.

Dennoch wollte Steinfatt seinen Fastenprediger nicht einfach feuern. "Aus Respekt vor dem Künstler" müssten mögliche Konsequenzen gründlich angewogen werden, sagte der Brauereichef. Am Freitag gab es noch einmal ein Telefongespräch zwischen ihm und Lerchenberg. Danach teilte der Kabarettist selbst mit, dass er sich von der Rolle zurückziehe. Ein Paulaner-Sprecher sagte, man "respektiere diese Entscheidung" Lerchenbergs und habe auch "eine gewisse Achtung davor".

Ein erneuter Auftritt im kommenden Jahr war unvorstellbar, zumal Lerchenberg seine Äußerungen auch noch verteidigte. Westerwelle schüre mit seinen "Hartz IV"-Bemerkungen eine "Neiddebatte" und fange an, den 2008 gestorbenen österreichischen Rechtspopulisten Jörg Haider "zu kopieren", sagte der Kabarettist selbstbewusst der "Passauer Neuen Presse". Und er fügte hinzu: "Es gab schon mal Zeiten, da wurden die vermeintlich Arbeitsscheuen weggesperrt. Ich habe in der Fastenpredigt nur ein paar Schritte weitergedacht." Damit versperrte er sich jeglichen Ausweg.

Die Grünen-Landesvorsitzende Theresa Schopper räumte zwar ein, dass Lerchenberg mit seinem KZ-Vergleich "ganz klar eine Grenze überschritten" habe. Aber ihr dränge sich auch der Verdacht auf, "dass hier ein willkommener Vorwand gesucht wurde, um einen unbequemen Prediger loszuwerden".

Die Paulanerbrauerei hatte in letzter Zeit wenig Glück mit ihren Nockherberg-Rednern. Vor drei Jahren las der niederbayerisch-türkische Comedian Django Asül der Politprominenz die Leviten. Sein Auftritt war scharf und er machte in seiner Kritik auch vor dem Privatleben des heutigen CSU-Chefs Horst Seehofer nicht Halt.

Die Trennung von Asül begründete die Brauerei damit, dass der Redner wieder in der Mönchskutte auftreten solle. Dieses Kriterium zumindest erfüllte Lerchenberg. Doch inhaltlich übertrieb er es diesmal deutlich. Als eine "ernste, zornige" Rede nahm Münchens Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) den Auftritt war. Nächstes Mal soll es nun wieder humorvoller werden. Mit welchem Redner, ist noch unbekannt.

BR schneidet umstrittene Passagen heraus

Der Bayerische Rundfunk (BR) hat für die Wiederholung der diesjährigen Nockherberg-Rede im Fernsehen die Passage mit dem umstrittenen KZ-Vergleich herausgeschnitten. Sendersprecher Rudi Küffner bestätigte am Freitagabend auf ddp-Anfrage eine Meldung von "Focus Online". Demnach fehlten bei der zweiten Ausstrahlung, die am Abend um 19.45 Uhr im Dritten Programm gezeigt werden sollte, mehrere Passagen. Darunter sind die Äußerungen von Lerchenberg über Westerwelle.

BR-Fernsehdirektor Gerhard Fuchs hatte dem Bericht zufolge am Morgen verfügt, umstrittene Szenen bei der Wiederholung nicht mehr zu senden. Insgesamt fehlten im Vergleich zur Live-Ausstrahlung 30 Minuten, darunter waren auch wenig brisante Interviews mit Polit-Prominenten.

"Auch wenn die Sendung nicht zu lang geraten wäre, hätten wir die inkriminierten Szenen auf jeden Fall rausgenommen", sagte Intendant Thomas Gruber "Focus Online". In der Mediathek des BR war jedoch die Original-Version den Angaben zufolge noch abrufbar. Das Video sei ja auch bei YouTube zu sehen, sagte Küffner.

(DDP/felt)
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