Interview mit Norbert Lammert (CDU) "Fünfjährige Legislaturperiode im Bundestag? Ich bin dafür"

Düsseldorf · Beim Besuch des Bundestagspräsidenten bei der Rheinischen Post war die Zeit, die Abgeordneten zur Verfügung steht, großes Thema. Auch zur Gedenkkultur äußerte sich der CDU-Politiker.

 Nobert Lammert im Interview mit unserer Redaktion.

Nobert Lammert im Interview mit unserer Redaktion.

Foto: Bretz, Andreas

In vielen Landtagen wird nur alle fünf Jahre gewählt. Sollte die Gesetzgebungsperiode im Bundestag ebenfalls fünf statt vier Jahre betragen?

Lammert Ich mache diesen Vorschlag seit mindestens zehn Jahren.

Offenbar ohne Wirkung?

Lammert Nein, mit großer Wirkung. Die Zahl der Sympathisanten vermehrt sich erkennbar. Es gibt dazu nach meiner Auffassung eine verfassungsändernde Mehrheit im Bundestag. Die wird aber nicht wirksam, weil sie an Bedingungen geknüpft ist. In den Fraktionen der SPD wie der Grünen gibt es die Erwartung, dass es zur Kompensation einer Verlängerung der Legislaturperiode mehr plebiszitäre Elemente auf Bundesebene geben müsse.

Ist das denn zu viel verlangt?

Lammert Bei der Frage der Architektur unseres politischen Systems zwischen repräsentativen und plebiszitären Elementen geht es nicht um eine Zweckmäßigkeitsfrage, sondern um eine Grundsatzfrage. Auch dazu gibt es unterschiedliche Positionen, die man aber nicht zum Gegenstand von politischen Verhandlungen machen sollte. Entweder wir sind uns einig, dass eine fünfjährige Legislaturperiode zweckmäßig ist. Dann sollten wir es tun. Ich bin dafür. Oder eben nicht.

Beschäftigt sich der Bundestag mit zu vielen Gesetzentwürfen?

Lammert Jedenfalls reicht die in den Sitzungswochen verfügbare Zeit nicht zur sorgfältigen Beratung aller von Regierung und Fraktionen eingebrachten Initiativen und Gesetzentwürfe. Deshalb habe ich zu Beginn dieser Legislaturperiode darauf hingewiesen, dass wir entweder die Zahl der Sitzungswochen vergrößern oder die Verhandlungsgegenstände begrenzen müssen.

Bleibt dann noch genügend Zeit für die wirklich wichtigen Debatten?

Lammert Die großen Themen haben den notwendigen breiten Raum im Bundestag. Gelegentlich habe ich sogar den Eindruck, dass auch bei großen Debatten eine Straffung der Redezeit oder der Rednerliste von Vorteil wäre.

100 Jahre Erster Weltkrieg, 75 Jahre Kriegsbeginn des Zweiten und im November 25 Jahre Mauerfall. Ist das nicht zu viel Erinnerungskultur?

Lammert Gerade wir Deutschen haben mit unserer schwierigen Geschichte eine besondere Verantwortung, die nachwirkende Bedeutung historischer Ereignisse und Entwicklungen wach zu halten. Die regelmäßigen Sonderveranstaltungen im Bundestag finden bei den Abgeordneten wie bei Diplomaten und Gästen Aufmerksamkeit.

Hat es Sie überrascht, dass der polnische Präsident Bronislaw Komorowski beim Gedenken an den Zweiten Weltkrieg den russischen Präsidenten Putin so deutlich als Aggressor kritisiert hat?

Lammert Manche Teilnehmer der Gedenkveranstaltung im Plenarsaal wie auf der Besuchertribüne mag dies überrascht haben. Umso beachtlicher war die sehr persönliche, geradezu anrührende Beschreibung des gründlich veränderten Nachbarschaftsverhältnisses zwischen Deutschland und Polen durch den Staatspräsidenten.

DAS GESPRÄCH FASSTE MARTIN KESSLER ZUSAMMEN

(RP)
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