Vor Ministerpräsidentenkonferenz NRW fordert einen Aufbau West

Potsdam · Die Ministerpräsidenten der Bundesländer wollen am heutigen Donnerstag über die Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen beraten. Nordrhein-Westfalen beklagt im bisherigen System "schwere Schlagseite" zugunsten des Ostens.

Deutschlands Ministerpräsidenten im Überblick
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Das sind die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Bundesländer

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Foto: dpa/Michael Kappeler

Bei der am heutigen Donnerstag in Potsdam beginnenden Ministerpräsidentenkonferenz ist mit einer Frontstellung zwischen West und Ost zu rechnen. Der Streit geht ums Geld. Nordrhein-Westfalen hat zu dem Treffen der Länder-Regierungschefs ein Papier fertiggestellt, in dem es eine "schwere Schlagseite im Ausgleichs- und Ergänzungsmechanismus" der Länder beklagt. Das Papier, das unserer Redaktion vorliegt, stammt aus dem Düsseldorfer Finanzministerium.

Bund und Länder müssen bis spätestens 2019 ihre Finanzbeziehungen auf ein neues Fundament stellen. Zu diesem Zeitpunkt läuft der Solidarpakt II aus, der bislang die Aufbauhilfen für den Osten sicherte. Mitte September hatte ein Konzept von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) für Furore gesorgt. Sie schlugen vor, den Solidaritätszuschlag in seiner heutigen Form abzuschaffen, ihn aber in die Einkommensteuer zu integrieren, damit dem Staat die Einnahmen bleiben. Eine solche Reform würde eher die West-Länder besserstellen.

NRW führt an, dass es die niedrigsten Ausgaben habe

Fakten zum Solidaritätszuschlag
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Der Westen fürchtet, bei einer Fortsetzung der Umverteilung vom Osten abgehängt zu werden. Dazu heißt es in dem NRW-Papier: "Im Ergebnis ist das keine Angleichung der Verhältnisse, sondern auf die Dauer eine Umkehrung der Verhältnisse zwischen Arm und Reich."

Das schuldengeplagte Nordrhein-Westfalen führt an, dass es im Vergleich aller 16 Bundesländer mit 3375 Euro pro Kopf und Jahr die niedrigsten Ausgaben habe. Der Durchschnitt liege bei 3693 Euro, die ostdeutschen Länder gäben sogar 4258 pro Einwohner aus. "Kein Wunder, dass hier deutlich mehr Geld für Bildung, Infrastruktur und soziale Sicherung zur Verfügung steht als in Nordrhein-Westfalen", heißt es im Papier.

Die Ungerechtigkeit ist aus Sicht von NRW groß, da es bei den Einnahmen um rund 1000 Euro pro Kopf höher liege als der Osten. Während NRW unter den Zinsen seiner Schulden ächzt, können einige Länder im Osten Schulden abbauen. Dazu vertritt NRW die Haltung: "So lange Länder mit höchstens durchschnittlichem Ausgabenniveau und mindestens durchschnittlichem Einnahmeniveau ihre Haushalte nicht ohne Kredite ausgleichen können, darf es nicht zu Überschüssen in den Ländern mit geringen Einnahmen und hohen Ausgaben kommen." Konkret fordert NRW, dass die Umsatzsteuer künftig nach Einwohnerzahl verteilt wird. NRW hätte dann 860 Millionen Euro pro Jahr mehr.

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Foto: dpa, Federico Gambarini

Walter-Borjans: "Echte Deutschlandbonds"

Die Verhandlungen um die Neuordnung der Finanzen zwischen Bund und Ländern sind derzeit festgefahren. Zumal die ostdeutschen Länder auf dem Standpunkt stehen, dass sie mit den sinkenden Einnahmen aus dem Solidarpakt II bereits ihren finanziellen Beitrag zur anstehenden Reform erbracht hätten. Diese Haltung findet der Westen wiederum indiskutabel.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) möchte den Streit mit "echten Deutschlandbonds" entschärfen, also Anleihen mit gemeinsamer Haftung durch Bund und Länder. "Daraus ergibt sich ein milliardenschwerer Mehrwert, der vor allem die Länder mit hohen Zinszahlungen entlasten kann", sagte Walter-Borjans unserer Redaktion. Neben den Mitteln aus dem Soli wäre dies die Finanzmasse, "um dem Wunsch der finanzstarken Länder nach Entlastung nachzukommen, ohne den Finanzschwachen etwas zu nehmen oder die Last auf den Bund abzuwälzen".

(qua)
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