Merkel kritisiert Sarrazin scharf NPD lädt Sarrazin ein

Berlin (RPO). Nachdem der Zentralrat der Juden Thilo Sarrazin angesichts seiner neuen Äußerungen über Ausländer und ihr Integrationsverhalten in Deutschland empfohlen hatte, von der SPD zur NPD zu wechseln, hat die NPD den Bundesbank-Vorstand nun zur Zusammenarbeit eingeladen. Aus der Politik hagelt es weiter Protest. Auch Kanzlerin Merkel kritisiert Sarrazin scharf.

Thilo Sarrazin liebt klare Worte
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Foto: AP

Sarrazins Sätze seien "äußerst verletzend, diffamierend und sehr polemisch zugespitzt", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Sarrazins Bemerkungen seien "überhaupt nicht hilfreich" für die Integration von Ausländern in Deutschland. "Da müsste ein ganz anderer Ton angeschlagen werden", fügte der Regierungssprecher hinzu.

"Sarrazin in die NPD"

Der Zentralrat der Juden empfahl Sarrazin, von der SPD zur NPD zu wechseln. Der Generalsekretär des Zentralrats, Stephan Kramer, sagte zu "Handelsblatt Online": "Ich würde Herrn Sarrazin den Eintritt in die NPD empfehlen, das macht die Gefechtslage wenigstens klarer und befreit die SPD." Er begrüßte, dass sich SPD-Chef Gabriel unverzüglich von Sarrazin und seinen "Rassentheorien" distanziert habe.

Die NPD erklärte am Abend in einer Pressemitteilung ihres hessischen Landesverbandes, sie vertrete "genau die Positionen, die Sarrazin in seinem Buch niedergeschrieben hat". Landesvorsitzender Jörg Krebs forderte Sarrazin auf: "Arbeiten Sie ... bei den Nationaldemokraten mit."

Veranstaltung mit Sarrazin absagen?

Unterdessen drohte das Berliner Haus der Kulturen der Welt, eine Veranstaltung mit ihm im Rahmen des Internationalen Literaturfestivals abzusagen, wenn dieser seine Haltung nicht ändere. "Thilo Sarrazins polemische Thesen sind völlig konträr zur Grundhaltung des Hauses", erklärte Intendant Bernd Scherer. Es sei nicht zu tolerieren, dass Sarrazin und dessen Verlag einen kritischen Gesprächspartner auf dem Podium ablehnten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, Sarrazins Aussagen seien zum Teil "dämlich" und mitunter "gewalttätig". Dennoch wolle er auch die "intellektuelle Auseinandersetzung" mit dem früheren Finanzsenator. Zudem kündigte Gabriel an zu prüfen, ob Sarrazin mit seinen Aussagen bestimmten Bevölkerungsgruppen Charakterzüge zuweise, was rassistisch wäre.

Partei-Austritt gefordert

Der schleswig-holsteinische SPD-Landesvorsitzende Ralf Stegner legte Sarrazin den Austritt aus der Partei nahe. "Die Äußerungen Sarrazins sind intellektuell hochmütig und in der Sprache primitiv und aggressiv", sagte Stegner der "tageszeitung". "Ich würde es begrüßen, wenn Thilo Sarrazin die Partei verlässt."

Berlin-Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschowsky (SPD) kritisierte im Deutschlandradio Kultur die Haltung, Probleme "als eine Art Marke allen Zuwanderern anzukleben", und sprach sich gegen einen Parteiausschluss aus.

Grünen-Chef Cem Özdemir warf Sarrazin vor, er schüre die "German Angst" des Westens vor seinem Untergang. "Thilo Sarrazin ist ein Stammeskrieger, wie ihn sich ein Bin Laden nur wünschen kann", sagte er "Spiegel Online".

Der FDP-Finanzexperte Frank Schäffler nahm Sarrazin gegen Kritik in Schutz. "Sarrazin spricht die Integrationsprobleme in Deutschland zwar überspitzt an, das muss aber nicht falsch sein, um eine Diskussion über den richtigen Weg zu führen", sagte Schäffler "Handelsblatt Online".

Sarrazin hatte im Deutschlandradio Kultur erklärt, 40 Prozent der muslimischen Migranten lebten von Transfer-Leistungen. Der frühere Berliner Finanzsenator fügte an: "Für die Gesamtheit der muslimischen Einwanderung in Deutschland gilt die statistische Wahrheit: In der Summe haben sie uns sozial und auch finanziell wesentlich mehr gekostet, als sie uns wirtschaftlich gebracht haben." Der Bundesbank-Vorstand forderte zudem, der "ungebildete, unqualifizierte Familiennachzug" könne so nicht weitergehen.

(apd/csi/afp/bs)
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