Rechte wollen bundesweit mit Musik Nachwuchs werben NPD will Hass-CDs an Schulen bringen

Leipzig/Karlsruhe (rpo). Die NPD versucht mit rechter Musik Jungwähler für die anstehenden Landtagswahlen zu werben. In Riesa hat die Polizei bei einer Durchsuchung im NPD-Verlag Deutsche Stimme rechtsextremes Wahlkampfmaterial gefunden. Die NPD wollte mit einer Schulhof-Kampagne junge Menschen auffordern, Kontakt zu Rechtsradikalen aufzunehmen.

Bei der Durchsuchung beschlagnahmten die Beamten 772 CDs und 156 Liederhefte. Vor der Landtagswahl in Sachsen am 19. September wollte die NPD insgesamt 25.000 "Schulhof"-CDs mit dem Titel "Schnauze voll? Wahltag ist Zahltag" unter die Jungwähler bringen. Die Idee allerdings ist nicht neu: Neonazis ließen für ihr "Projekt Schulhof" sogar 50. 000 CDs pressen. Damit sollte bundesweit vor Schulen Nachwuchs für den brauen Sumpf geworben werden.

"Musik wird im Medienzeitalter für die Vermittlung politischer Botschaften immer wichtiger", sagt der NPD-Spitzenkandidat im sächsischen Landtagswahlkampf, Holger Apfel. Deshalb wollte der 33-jährige Stadtrat von Dresden, der zugleich Geschäftsführer des Riesaer Verlages ist, die "Schulhof"-CDs mit "volkstreuer Musik" an Jugendliche verteilen. Bereits am Wochenende hatte die NPD zum "Tag der Sachsen" in Döbeln den Tonträger an ihrem Werbestand verteilt. In Liedtexten heißt es unter anderem "ein Volk, ein Wille, Heil dem Reich". Das erfülle den Tatbestand des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen, sagt Andreas Feron von der Dresdner Staatsanwaltschaft. Geprüft wird nun, ob ein Teil der CDs bereits in die Schulen gelangte.

Bundesweite Schulhof-Aktion geplant

Die von der Neonazi-Szene geplante bundesweite Schulhof-Aktion, mit der sie Nachwuchs ködern wollte, kam derweil bislang nicht so recht in Gang. Der Besitzer eines CD-Presswerkes hatte das Masterband mit Hass-Titeln wie "Im Krieg gegen ein Scheiß-System" kurzerhand der Polizei zur Prüfung übergeben. Die rechtsradikalen Auftraggeber ließen deshalb nach eigenen Angaben ein Rechtsgutachten erstellen und überblendeten anschließend einzelne Textstellen.

Nachdem V-Leute erste Exemplare der Hass-Scheibe dem Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt zugespielt hatten, erließ das Amtsgericht Halle einen bundesweiten Beschlagnahmebeschluss auf der Grundlage eines neuen Gesetzes, das die Gutachter der Rechten offensichtlich übersehen hatten. "Die zum 1. April in Kraft getretene Neufassung des Jugendschutzgesetzes verbietet nicht nur das Verteilen sondern auch das Vorrätighalten von schwer jugendgefährdenden Schriften", sagt Generalstaatsanwalt Jürgen Konrad aus Naumburg. Schwer jugendgefährdend seien die CDs schon deshalb, weil auf ihnen Jugendliche zur Kontaktaufnahme mit Rechtsradikalen vor Ort aufgefordert werden.

Über die Hintermänner hüllen sich die Ermittler bislang in Schweigen. Bekannt wurde lediglich der Neonazi Lutz W. aus Sachsen Anhalt, bei dem ein Lieferschein über die 50.000 CDs gefunden wurde. Er muss nun eine Strafe von bis zu einem Jahr Haft befürchten. Die Verteilaktion, die verdeckt etwa an Bushaltestellen in Schulnähe oder in Jugendtreffs ablaufen könnte, stößt aber nicht nur rechtlich auf Widerstand. In Brandenburg, wo ebenfalls am 19. September gewählt wird, kündigte Bildungsminister Steffen Reiche (SPD) zum Beginn des neuen Schuljahrs eine Gegenkampagne an. Die nennt sich "Schulhöfe machen gegen Rechtsextremisten mobil". Der Landesschülerrat erarbeitet unter anderem Tipps, wie Lehrer mit rechtsextremistischen Aktivitäten umgehen sollen.

(afp)
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