Bundestags-Sondersitzung zu NSA-Affäre Christian Ströbele kritisiert Angela Merkel

Berlin · Knapp einen Monat nach Bekanntwerden der Ausspähung des Handys von Angela Merkel (CDU) durch den US-Geheimdienst NSA hat die Bundesregierung die Informationspolitik Washingtons kritisiert. Aber auch die Kanzlerin musste Kritik einstecken.

NSA-Affäre: Christian Ströbele kritisiert Angela Merkel
Foto: ap, markus schreiber

In einer Bundestags-Sondersitzung zu der Affäre forderte die Kanzlerin am Montag eine Aufklärung der "gravierenden" Vorwürfe. Linken-Fraktionschef Gregor Gysi warf der Bundesregierung "Duckmäusertum" im Umgang mit den USA vor.

Die Kanzlerin äußerte sich im Rahmen ihrer Regierungserklärung, die eigentlich den EU-Gipfel zur östlichen Partnerschaft in zehn Tagen zum Thema hatte. Im Anschluss beriet der Bundestag über die NSA-Spähaffäre, die durch die Enthüllungen des früheren Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden ausgelöst worden war.

Im transatlantischen Verhältnis müsse "neues Vertrauen" aufgebaut werden, sagte Merkel im Bundestag. Dazu sei Transparenz nötig und die Wertschätzung der Beziehung durch beide Partner. Die Informationspolitik Washingtons habe seit Bekanntwerden der ersten Vorwürfe im Frühsommer "zu wünschen übrig" gelassen, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in der Debatte über die Affäre. Nach seinen Worten haben die USA bislang auch keine Informationen über das mutmaßliche Abhören von Merkels Handy übermittelt. "Die Amerikaner müssen aufklären", forderte Friedrich.

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nannte es "kaum vorstellbar", dass befreundete Staaten systematisch die Mobiltelefone von Regierungschefs ausspionierten. Die USA müssten darüber aufklären, aus welchem Grund und in welchem Ausmaß Regierungen von der NSA ausgespäht worden seien.

Wichtige Zeugen erscheinen nicht

Skeptisch äußerte sich der SPD-Politiker zu einem möglichen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Dieser könne wenig ausrichten, wenn wichtige Zeugen - wie etwa NSA-Chef Keith Alexander - zu einer Aussage vor einem solchen Gremium gar nicht erst erschienen. Es reiche nicht, wenn Europa allein durch technische Vorkehrungen versuche, seine Internet- und Telefonkommunikation abzuschotten. Stattdessen brauche es "ein Völkerrecht im Netz", in dem sich die Staaten zu Regeln bekennen.

Scharfe Kritik am Verhalten der Bundesregierung kam von der Opposition: Linken-Fraktionschef Gysi forderte erneut, Snowden in Deutschland zu befragen. "Deutschland ist erst dann souverän, wenn es Herrn Snowden anhört, ihn schützt und seinen sicheren Aufenthalt garantiert." Im Umgang mit den USA in der Affäre warf Gysi der Bundesregierung "Duckmäusertum und Hasenfüßigkeit" vor. "Eine Wertegemeinschaft nützt nichts, wenn man Werteverletzungen nicht deutlich kritisiert."

Sollte Merkel sich bedanken?

Der Grünen-Abgeordnete Christian Ströbele, der Snowden im russischen Asyl getroffen hatte, warf Merkel fehlenden Mut vor. "Wäre das nicht eine menschliche Geste, in Richtung von Herrn Snowden zu sagen: 'Dankeschön'?", fragte er mit Blick auf dessen Enthüllungen zum Lauschangriff auf das Kanzlerinnen-Handy.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar forderte die Politik zu Konsequenzen aus der Affäre auf. In einem vor der Bundestagsdebatte präsentierten Bericht forderte der oberste Datenschützer "eine effektive und lückenlose unabhängige Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeiten" und drängte auf auf schnelle Aufklärung über mögliche "anlasslose Massendatenerhebungen". Dies solle - soweit es rechtlich möglich ist - öffentlich geschehen.

(AFP)
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