Koalitionsstreit um Geheimdienstaffäre Seehofer prangert Gabriels Vorgehen als inakzeptabel an

Berlin · Im Koalitionsstreit über das Vorgehen in der NSA/BND-Geheimdienstaffäre verschärft die Union ihre Kritik an der SPD. CSU-Chef Horst Seehofer rügt den Vizekanzler für seine Forderungen an die Kanzlerin. Und der stellvertretende CDU-Vorsitzende Armin Laschet warf den Sozialdemokraten indirekt vor, die Sicherheit Deutschlands aufs Spiel zu setzen.

Der BND und seine nun nicht mehr so geheimen Außenstellen
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Foto: dpa, sja fdt

"In einer Phase, in der wir Bedrohungen des internationalen Terrorismus ausgesetzt sind wie nie zuvor, ist es unverantwortlich, leichtfertig die Beziehungen zu den USA und die Geheimdienstkooperation zu gefährden", sagte er dem "Tagesspiegel".

Laschet reagierte damit auf die Forderung des SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel und von Generalsekretärin Yasmin Fahimi, die Spählisten des US-Geheimdienstes NSA notfalls auch gegen den Willen der Amerikaner freizugeben. Vor allem Fahimi zieht den Unmut der Union auf sich. Sie hatte im "Tagesspiegel" die Forderung nach Freigabe der NSA-Listen mit Suchbegriffen für den BND mit dem Satz begründet: "Eine deutsche Kanzlerin darf nicht unterwürfig sein gegenüber den USA."

Seehofer rügt Gabriel

Derweil hat CSU-Chef Horst Seehofer den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel für dessen jüngste Aussagen in der Geheimdienstaffäre gerügt. "Das Vorgehen von Herrn Gabriel in der Sache BND, das halte ich für inakzeptabel in einer Koalition", sagte Seehofer am Montag in München vor einer CSU-Vorstandssitzung vor Journalisten. Dies entspreche "nicht der Staatsverantwortung, die eine Regierungspartei hat", sagte Seehofer.

Gabriel hatte vor einer Staatsaffäre gewarnt, falls nicht der Verdacht ausgeräumt werden könne, der Bundesnachrichtendienst könnte dem US-Geheimdienst NSA beim Ausforschen deutscher Unternehmen geholfen haben. Außerdem forderte er von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Rückgrat zu zeigen und die bislang geheimen Spählisten des NSA zur Not auch ohne US-Zustimmung zu veröffentlichen.

Seehofer sagte, zu diesen Listen laufe ein Konusultationsverfahren der Bundesregierung mit den USA, dessen Ergebnis abgewartet werden müsse. Es gebe völkerrechtliche Vereinbarungen, wonach in solch einem Fall ein Konsultationsverfahren zu führen sei.

Fraktionschef Volker Kauder (CDU) monierte in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" die "schrillen Töne aus der SPD-Parteizentrale" und sprach von einer "Belastung in der Koalition". Zugleich mahnte er: "So geht man nicht miteinander um in einer Koalition."

CDU-Vize Julia Klöckner sagte dem "Tagesspiegel": "Man bekommt immer mehr den Eindruck, dass die SPD dringend ein Thema sucht, um aus ihren schlechten Umfragewerten zu kommen." Sie warnte die SPD davor, "in der Regierungskoalition die Opposition geben zu wollen". Dies sei noch nie gut gegangen.

Schröder:SPD-Forderungen sind berechtigt

Unterstützung erhielt Gabriel von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Dieser nannte die Forderung nach Freigabe der Listen in der "Bild"-Zeitung "eine berechtigte Forderung", nicht zuletzt weil deutsche Unternehmen und europäische Partner betroffen seien. Die Vorgänge müssten unverzüglich aufgeklärt werden. "Es kann doch wohl nicht so sein, dass ein deutscher Geheimdienst Daten zur Verfügung stellt, mit denen deutsche Unternehmen ausgeforscht werden oder auch befreundete Regierungen", sagte Schröder.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte Kanzlerin Angela Merkel in der "Leipziger Volkszeitung" ebenfalls zur raschen Aufklärung der Vorwürfe auf. Sie warnte: "Wenn die Kanzlerin die Dinge weiter treiben lässt, gefährdet sie das Grundvertrauen der Bürger in das demokratische System der Bundesrepublik."

Der stellvertretende Grünen-Fraktionsvorsitzende Konstantin von Notz machte die Bundesregieurung in der "Welt" für "zehn Jahre rechtliches Chaos beim BND" verantwortlich. Sie habe sich bewusst gegen eine Gesetzesinitiative zur Problematik der Fernmeldeaufklärung in der digitalen Kommunikation entschieden und "den BND bei der Täuschung und Umgehung parlamentarischer Kontrollgremium zumindest gewähren lassen".

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte unserer Redaktion: "Wenn die Kanzlerin nicht für rückhaltlose Aufklärung sorgt, kann diese Affäre ein Ausmaß annehmen wie seinerzeit die Watergate-Affäre in den USA." Wegen der Abhöraffäre im Hotel Watergate war US-Präsident Richard Nixon 1974 zurückgetreten.

(dpa)
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