Wirbel um Militärischen Abschirmdienst NSU-Aktenpanne belastet Koalition

Berlin · Täglich kommen neue Ungeheuerlichkeiten über Pannen und Verschleierungen im Zuge der NSU-Ermittlungen ans Tageslicht. In der Berliner Koalition ist nun ein Streit über die Zukunft des Militärischen Abschirmdienst (MAD) entbrannt. Die FDP will ihn abschaffen. Der zuständige CDU-Minister widerspricht energisch.

 Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) reagiert gereizt auf neue Vorstöße seitens der FDP.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) reagiert gereizt auf neue Vorstöße seitens der FDP.

Foto: AP, AP

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) wies am Samstag die Forderung seiner Justizkollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nach einer Abschaffung des MAD zurück und erklärte sie für "nicht zuständig". Leutheusser verteidigte ihre Forderung und bekam Unterstützung von FDP-Chef Philipp Rösler.

Der MAD war wegen Pannen im Zuge der NSU-Affäre in die Kritik geraten. De Maizière reagierte in der "Frankfurter Rundschau" gereizt auf Leutheussers Vorstoß: "Was ich aber gar nicht mag, sind öffentliche Ratschläge von Kabinettskolleginnen, die nicht zuständig sind." Er halte den MAD "nach wie vor für wichtig". Benötigt werde er etwa für die spezielle militärische Spionageabwehr und den Schutz deutscher Soldaten im Ausland. Der MAD müsse aber umstrukturiert und deutlich verkleinert werden.

"Es gibt keinen Grund..."

FDP-Chef Rösler nahm seine Parteikollegin Leutheusser gegen die Kritik in Schutz. "Es gibt keinen Grund, Vorschläge beiseite zu legen", erklärte er in Berlin. Angesichts der "massiven Probleme" in der Sicherheitsarchitektur bedürfe es einer Diskussion, und dabei habe Leutheusser "genau das Richtige gefordert".

Die Bundesjustizministerin schlug derweil vor, die Befugnisse des MAD auf andere Sicherheitsdienste zu übertragen. Der MAD könne dann aufgelöst werden, sagte sie der "Welt am Sonntag". Kernpunkt einer Geheimdienstreform müsse es zudem sein, die parlamentarische Kontrolle zu verstärken. Die entsprechenden Parlamentsgremien sollten in erheblich mehr Entscheidungen eingebunden werden, etwa bei Observationen. Für den Einsatz von V-Leuten müssten "restriktive gesetzliche Grundlagen" geschaffen werden.

Für eine innerparteiliche Kontroverse sorgte die Geheimdienstdebatte auch bei den Grünen. Deren Innenexperte Wolfgang Wieland kritisierte Forderungen aus seiner Partei, die Geheimdienste abzuschaffen. "Ich halte eine Abschaffung des Verfassungsschutzes weder für möglich noch für sinnvoll", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". So lange die Demokratie Feinde habe, die Bomben bauten und Menschen ermordeten, sei der Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel ein notwendiges Übel. Überlegungen zu einer Abschaffung seien "typisch grünes Gutmenschentum", sagte Wieland.

Wirbel um fehlende Akte

Der MAD steht seit Tagen wegen seines Umgangs mit einer Akte über den Neonazi Uwe Mundlos, der Mitglied der Terrorzelle NSU war, in der Kritik. Der NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag wirft dem MAD vor, ihn nicht auf die Existenz dieser Akte hingewiesen zu haben.

Nach Informationen des Magazins "Focus" vom Wochenende hatte die Bundeswehr den Neonazi Mundlos trotz seiner bekannt rechtsradikalen Gesinnung mit "Dank und Anerkennung für die geleisteten treuen Dienste" entlassen. Mundlos habe am Ende seiner Grundwehrzeit 1995 in Thüringen die für jeden ausgeschiedenen Soldaten übliche Dankurkunde erhalten, obwohl seine Vorgesetzten ihn als Verfassungsfeind eingestuft hätten. Mundlos sei mehrfach vom MAD verhört worden.

(AFP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort